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so selten der Fall. Was man einmal gewohnt ist, will man oft haben, und dann muß man freilich sehr darauf raffiniren, wenn es immer gleiche Reize behalten soll. So habe ich es oft an Menschen gefunden. Von einer Art sinnlicher Vergnügungen geriethen sie auf eine andere. Von einem Grad stiegen sie zu dem andern. Sinnlichkeit wird nur nach und nach herrschend; sie wird, wenn sie nicht frühe eingeschränkt wird, endlich die grausamste Despotin. Suchen wir immer unsern Kindern sinnliche Vergnügungen zu verschaffen, so werden sie natürlich diese immer vorziehn, um so mehr, da sie andere Vergnügungen wenig kennen. Sie werden nach und nach diese zum Maaßstab annehmen, wornach sie alles Gute und Böse in der Welt bestimmen. Sie werden also immer für die Welt und die Welt für sie unbrauchbar seyn; denn wo finden sie das, was sie in dem verzärtelnden Hause ihrer Eltern fanden? Sie werden aber außerdem schon frühe als Kinder tausend Bedürfnisse erhalten, die alle befriedigt seyn wollen. Bald wird ihnen dies, bald jenes nicht mehr gut genug seyn. Die Kette ihrer sinnlichen Freuden muß ununterbrochen seyn und immer auch einige Glieder mehr bekommen. Dabei stumpft sich das Gefühl für

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Johann Friedrich Oest: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Laster der Unzucht verwahren könne. Wien 1787, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Laster_der_Unzucht_(Oest)_070.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)