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so viele Bemäntelungen, daß man sich eben nicht wundern darf, wenn ein gewöhnliches Auge nichts sieht, und wenn so manche glauben, die Schilderungen der Sittenlehrer könten wol übertrieben seyn. Sie lesen oft solche Schilderungen, aber die Originale dazu sind ihnen unbekannt. Sie finden sie so nirgends in der Welt. Der vornehmere Stand der Menschen hat so viele Mittel in Händen, die Folgen seiner Ausschweifungen, so wie die Ausschweifungen selbst, der Beobachtung der Welt zu entziehn und ihnen ein glänzendes Gewand umzuhängen. Andere aus geringen Ständen sind ohnehin zu unbemerkbar. Man bekümmert sich um ihr Wohl und Wehe und um die Ursachen von beiden durchgängig zu wenig. In Spitäler und Lazarethe, wo so manches warnende Beispiel liegt, kommt außer dem Arzt und dem Geistlichen, von welchen man noch dazu Verschwiegenheit fordert, niemand. Im Mittelstande entzieht sich auch einer dem Auge des andern; denn seine Schande verbirgt man gern, so lange als man kann. Hie und da ein lautes bekannt gewordenes Beispiel wird leicht zu den sehr seltenen Fällen gerechnet. Man beobachtet ausserdem immer viel Schonung und Zurückhaltung über diesen Punkt. Man sagt es selten,

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Johann Friedrich Oest: Wie man Kinder und junge Leute vor dem Laster der Unzucht verwahren könne. Wien 1787, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Laster_der_Unzucht_(Oest)_012.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)