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113 Deutsches Reich 114

Wiesel, Eichhörnchen; weitverbreitete Giftschlange: Kreuzotter; gehegt: Hirsch, Reh, Wildschwein, Elch, Gemse; im Verschwinden: Storch, Steinadler, Kolkrabe, Uhu. Eingebürgerte Tiere: z. B. Damhirsch, Wanderratte, Kaninchen, Fasan, Bisamratte.

Bevölkerung. MundartenDeutsche Sprache. Durch die Gebietsabtretungen 1919 (Versailler Vertrag; ↑ Karte Sp. 136) verlor das D. unter 6,5 Mill. E 3,5 Mill. Deutschsprachige, die z.T. zurückwanderten. 100 000 Wenden i. d. Lausitz, 155 000 Masuren i. Ostpr.

1925: 64,1% ev. u. 32,4% röm.-kath. Christen, 0,9% Juden, 2,6% m. anderm Bekenntnis od. zu keiner Religionsgemeinschaft gehörig.

Analphabeten: 0,3%. Allg. Schulpflicht; 1927: 52 825 Volks-, 1548 Mittelschulen, 495 Gymn., 355 Realgymn., 561 Real- u. Oberreal-, 867 höh. Mädchenschulen, Lyzeen usw.; 23 Universitäten.

Wirtschaft. Ackerland 56, Wald 19, Wiesen u. Weiden 16, Weinland 0,2% des Bodens, Rest unproduktiv. Zuckerrüben bes. Prov. Sachsen u. Schlesien. Gemüse bes. um Erfurt, Quedlinburg, Magdeburg, Bamberg. Weinbaugebiete: Mosel-Saar, Nahe, Rheingau; Pfalz und Unterfranken; unteres Neckartal; Markgräfler Land; um Bühl u. Ortenau; Alzey, Worms. Hopfen bes. Bayern u. Württemberg, Tabak bes. Rheinpfalz u. Mittelfranken.

Viehbestand 1929: 3 617 000 Pferde, 18 033 000 Rinder, 19 944 000 Schweine, 3 480 000 Schafe, 2 625 000 Ziegen.

Wald 1927: 12 654 200 ha (1/4 d. Bodens).

Kohle. Steinkohle: Ruhrgebiet, Oberschlesien, Zwickau-Chemnitz, Niederschlesien (Waldenburg), Aachen, Plauenscher Grund b. Dresden; Braunkohle: Thüring.-Sächs. Bucht (beiderseits Saale; Mittelp. Halle), Frankf. a. d. O., Lausitz.

Eisen: Ruhrgebiet, Sieg-, Lahngebiet, Erzgeb. Durch Abtretung Lothringens verlor das D. 74% der Eisen-Jahresförderung; nunmehr hauptsächlich auf Einfuhr angewiesen.

Zink: Aachen, Brilon, Iserlohn.

Blei: Rhein. Schiefergeb., Oberharz, Freiberg.

Kupfer: Mansfelder Bez. (3/4 der Gesamtförderung), Oberharz, Thür. Wald, Westerwald.

Silber: Erzgeb. (Freiberg), Oberharz (Goslar, Klausthal, Andreasberg), Unterharz (Mansfeld).

Salz (Bergwerke u. Salinen): besonders östlich u. nördlich vom Harz (Staßfurt, Schönebeck), Lüneburg, Berchtesgaden.

Kali: 1928: 13,33 Mill. t (fast Weltmonopol).

Eisenindustrie: Verhüttung und Verarbeitung besonders Ruhrgebiet, Oberschlesien; Essen (Krupp), Solingen (Messer), Remscheid (Werkzeug). Maschinenbau bes. Berlin, Breslau, Hannover, Magdeb., Chemnitz, Leipzig. Schiffbau: Bremen, Hamburg, Kiel, Stettin, Elbing.

Textilindustrie. Leinen: Hirschberg, Zittau, Bielefeld; Jute: Braunschweig; Wolle: Sachsen-Thüringen, Niederlausitz, Schlesien, Wuppertal; Baumwolle : Sachsen-Thüringen, Ruhrgebiet, Spitzen: Vogtland, Erzgeb.; Seide: Krefeld, Wuppertal, Düsseldorf, München-Gladbach u. Berlin.

Chem. Industrie: bes. Ludwigshafen, Frankfurt a. M., Berlin, Elberfeld.

Handelsflotte 1928: 1630 Segelschiffe m. 120 000 Netto-Reg.-T., 2017 Dampf- u. Motorschiffe m. 1 979 000 Netto-Reg.-T.

Wert der Einfuhr 1929:13 447 Mill., der Ausfuhr 14 027 Mill. ℛℳ.

VerfassungReichsverfassung.

ReichsbehördenÜbersicht Sp. 121

Reichsfarben: Schwarz-Rot-Gold; Flagge d. Kaiserreichs: Schwarz-Weiß-Rot, ist Handelsflagge mit schwarz-rot-gelber Gösch. Reichskriegsflagge: Schwarz-Weiß-Rot mit schwarz-rot-gelber Gösch und Eisernem Kreuz.

Deutsches Reichswappen.

Wappen: Schwarzer Adler mit rotem Schnabel u. Klauen auf goldnem Grund.

HeerReichsheer.

MarineReichsmarine.
Geschichte. Bis zum Sieg des fränk. Stammes über die andern (919) waren die germanischen Stämme Träger politischer Bildungen. Ein dt. Reich entstand bei Teilung des Reichs durch Karl d. Gr. im Vertrag v. Verdun (843). Ludwig der Deutsche (843–876) wurde Herrscher in Deutschland. Mit Ludwig dem Kind (900–911) starben die Karolinger im D. aus. Der 1. Wahlkönig Konrad I. (911–918) v. Franken gebot nur über Franken und Sachsen.

I. Das alte Reich (919–1806). Heinrich I. (919–936) v. Sachsen gründ. das D., besiegte 933 die Ungarn. Otto I. d. Gr. (936–973) besiegte 955 die Ungarn endgültig, wurde 962 Kaiser: Röm. Reich Deutscher Nation. Otto II. (973–983), Otto III. (983–1002, unmündig), Heinr. II. (1002–24). Konrad II. (1024–1039), Stammvater des fränk. (sal.) Hauses. Heinr. III. (1039–1056) setzte Päpste ab u. ein. Heinr. IV. (1056–1106) führte mit Papst Gregor VII. d. Investiturstreit (Canossa 1077), beendigt durch Heinr. V. (1106–25; Wormser Konkordat 1122).

Lothar v. Sachsen (1125–37; Gegensatz zw. Welfen u. Staufen). Konr. III. (1138–52) war Staufe. Friedr. I. (Barbarossa, 1152–90) kämpfte für die kaiserl. Macht in Ital. (1154–76), starb auf Kreuzzug. Heinr. VI. (1190–97) verfolgte Weltmachtpläne. Philipp v. Schwaben (1198–1208, ermordet), Gegenkönig Otto IV. v. Braunschw. (1198–1215, † 1218). Friedr. II. (1212–50) festigte die Landeshoheit. Der letzte Staufe Konradin hingerichtet 1268 dch. die Franzosen.

Rud. v. Habsburg (1273–1291) beendete d. Interregnum u. begr. die habsburg. Hausmacht; Adolf v. Nassau (1292–98), Albr. I. (1298–1308), Heinrich VII. v. Luxemburg (1308–13), Ludw. IV. v. Bayern (1314–1347); päpstl. Einmischung in die Königswahl lehnten die Kurfürsten ab (Kurverein v. Rhense, 1338). Unter Karl IV. (1347–78) wurde die Goldene Bulle Reichsgrundgesetz (Königswahl ausschl. durch d. 7 Kurfürsten). Wenzel (seit 1378) 1400 abgesetzt. Rupr. (1400–10). Siegmund (1410–37) beendete durch Konzil zu Konstanz (1414–18) Kirchenspaltung, erregte Hussitenkriege (1419–36). Albr. II. (1438–39), Friedr. III. (1440–93). Maximilian I. (1493–1519) verkündigte 1495 Ewigen Landfrieden.

Seit 1438 blieb die Krone (außer Karl VII. v. Bayern, 1742–45) österr. Herrschern. Unter Karl V. (1519–1556) wurde das D. ein Teil des habsburg. Weltreichs. 1525 veranlaßte d. Reformation Volksbewegungen (Bauernkrieg) und trennte die Reichsstände. Augsburger Religionsfriede 1555 verkündete freie Religionsübung. Unter Rud. II. (1576–1612) Gegenreformation. Ferd. II. (1619–37) bezwang d. Protestanten, kam aber durch die Siege Gustav Adolfs v. Schweden um seine Erfolge. Unter Ferd. III. (1637–57) 1648 Westfälischer Friede: das Reich wurde lockerer Staatenbund, die Schweiz und die Niederlande wurden selbständig. Leop. I. (1658–1705). Karl Albr. v. Bayern als Karl VII. (1742–45) Kaiser. 1745 wurde Franz v. Lothr. (Franz I., bis 1765) Kaiser. Jos. II. (1765–90), Leop. II. (1790–92), Franz II. (1792–1806). Reichsdeputationshauptschluß 1803 änderte die Verf.; die Macht der Fürsten wurde noch größer. 1806 schlossen sich 16 Reichsstände z. Rheinbund (1809 erweitert) zus. Franz II. legte 1806 die röm. Kaiserkrone nieder.

II. Staatenbund (1815–66). Der Wiener Kongreß 1815 brachte den ↑ Deutschen Bund. Die frz. Julirevolution 1830 führte zu Verfassungen in Sachsen u. Kurhessen 1831, Braunschw. 1832, Hannover 1833. Ein wirtschaftl. u. polit. Fortschritt war der pr.-dt. Zollverein (1. 1. 1834). Die frz. Februarrevolution v. 1848 veranlaßte die ↑ Deutsche Revolution. Ablehnung der dt. Kaiserkrone durch den pr. König; Unterwerfung Preußens 29. 11. 1850 in Olmütz (Olmützer Punktation) vor Österr. u. dem Frankfurter Bundestag; Bismarck 1862 pr. Min.-Präs. Schleswigs Einverleibung in Dänemark 1863 erregte die schlesw.-holst. Frage. Nach kurzem Krieg 30. 10. 1864 Schleswig, Holstein u. Lauenburg an Österr. u. Preußen abgetreten. Die Gasteiner Konvention (14. 8. 1865) sprach Lauenburg Preußen zu, aber 3. 6. 1866 besetzte Pr. Holstein u. begann Krieg gegen Österr. Prager Frieden 23. 8. Österr. verzichtet auf seine dt. Stellung, Hannover, Schleswig-Holstein, Kurhessen, Nassau u. Frankfurt in Preußen einverleibt, Gründung des Norddeutschen Bundes. Die süddt. Staaten schlossen mit Preußen geheime Schutz- u. Trutzbündnisse.

III. Bundesstaat (1867–1918). Bismarck eröffnete 22. 2. 1867 den Reichstag des Norddt. Bundes. 1867 wurde Zollverein neu gestaltet, ebenso GewO. u. WO. sowie StGB.

Einigung aller Staaten durch ↑ Deutsch-Frz. Krieg. Seit 9. 12. 1870 Dt. Reich. Wilh. I., 18. 1. 1871 in Versailles dt. Kaiser. Erster dt. Reichstag nat. Mehrheit. RV. v. 14. 4. 1871. Der Kulturkampf führte zur Kirchengesetzgebung. 1878 Sozialistengesetz, 1883–84 Kranken- u. Unfallversicherungsgesetz. 1872 Dreikaiserbündnis mit Rußl. u. Österr. Berliner Kongreß 1878; 1879 engeres Bündnis mit Österr., 1883 trat Ital. hinzu: Dreibund (1887, 1891, 1897, 1902 u. 1912 erneuert), Rückversicherungsvertrag (1887) mit Rußl. 1890 aufgegeben. In den 1880er Jahren Erwerb der ↑ Kolonien.

Wilh. I. starb 9. 3.1888, Friedr. III. reg. nur 99 Tage. Unter Wilh. II. (1888–1918) 1889 Invaliditäts- u. Altersversicherung, Bismarck 20. 3. 1890 entlassen; ihm folgte General v. Caprivi, der 1894 durch Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst ersetzt wurde. 1895/96 Annahme des BGB. (seit 1900 in Kraft). Unter v. Bülow (1900–09 Reichskanzler) Beteiligung an der Aktion gegen China. 1904–07 in Dt.-SW-Afrika, 1905–06 in Dt.-O-Afrika Aufstände. Marokkokrise seit 1904, 1906 Konferenz v. Algeciras. Dauernde Spannung mit Engl. wegen beiderseit. Seerüstung. Widerstand des Zentrums gegen Kolonialpolitik führte zur Reichstagsauflösung 1906. Der neue Reichstag 1907 (Block; bis 1909) brachte Reichskolonialamt und Kolonialbahnen. v. Bethmann Hollweg (1909–17) hielt am Dreibund fest (1908 Balkankrise); Marokkoabkommen 1912; die Spannung mit der Entente blieb: 1914 ↑ Weltkrieg. Juliresolution 1917. Michaelis nur 4 Monate Kanzler. Unter Graf Hertling (1917–1918, † 1919) teilweise Parlamentarisierung, Ausbau d. Kriegssteuern (Kriegsgewinnsteuer u. a.). Prinz Max v. Baden (1. 10. bis 11. 11. 1918 Kanzler): volle Parlamentarisierung, 5. 10. Einleitung v. Waffenstillstandsverhandlungen, Beseitigung der kaiserlich. Kommandogewalt und Sturz Ludendorffs. 3. 11.

Empfohlene Zitierweise:
Meyers Blitz-Lexikon. Die Schnellauskunft für jedermann in Wort und Bild., Leipzig 1932, Spalten 113–114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LA2-Blitz-0071.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2022)