Joseph Anton Felix von Balthasar: Kurze Lebens-Notizen zu der Portrait-Gallerie merkwürdiger Luzerner auf der Bürgerbibliothek in Luzern | |
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261 Marie Amrein-Troller
Im 2. Band der Buchreihe „Merkwürdige Frauen“ schreibt Inge
Sprenger Viol quasi als Zusammenfassung des Lebenswerkes einer
berühmt gewordenen Luzernerin:
"Das Leben der Marie Amrein-Troller kann nur im Zusammenhang
mit der Geschichte des Gletschergartens gesehen werden und diese wiederum kommt nur einer Familiensaga gleich.
Mit Weitsicht und bewunderungswürdigem Mut meisterte Marie Amrein-Troller in einer wirtschaftlich äusserst schwierigen Zeit mannigfaltige Schwierigkeiten und verhinderte rechtzeitig eine drohende Überbauung des Gletschergarten-Areals."
Marie Troller wurde am 01. Mai 1849 als 2. Tochter von Maria und Heinrich Troller, wohnhaft am Sternenplatz in Luzern geboren. Vater Troller war angesehener Stadtmüller. Er legte Wert auf eine gute Ausbildung seiner Töchter und schickte sie nach der Schulzeit in Luzern ins Pensionat nach Fribourg.
1870 heiratete Marie den damaligen Bankangestellten Josef Wilhelm Amrein, welcher nebenamtlich einen Weinhandel betrieb.
Um sich in dieser Sparte selbstständig zu machen erwarb er - mit Hilfe eines Darlehens seines Schwiegervaters - ein Stück Wiesland neben dem Löwendenkmal. Hier - im ehemaligen Steinbruchgebiet - wollte er einen Weinkeller in den Fels einlassen. Bei den Grabarbeiten stiess man im November 1872 zufällig auf Gletschertöpfe und weitere Spuren der Eis- und subtropischen Moränezeit von vor 20 Millionen Jahren. Die Freilegung dieser ausserordentlichen Funde, der Bau eines Wohnhauses und zusätzliche Landkäufe zwangen die junge Familie zur Aufnahme hoher Fremdkapitale.
Der plötzliche Tod des nur 39-jährigen Gatten stürzte anno 1881 die erst 32-jährige Witwe mit 4 unmündigen Kindern, einem Gletschergarten in Anfangsschwierigkeiten und einem großen Schuldenberg schier in die Verzweiflung. Die Banken kündigten die Darlehen, weil sie einer Frau und Mutter die Betriebsführung nicht zutrauten. Sogenannt „gut-meinende“ Verwandte drängten zum Konkurs oder zwangen die junge Frau zu nachteiligen, langfristigen Verträgen.
Doch Marie war eine Kämpferin: Mit Hilfe treuer Angestellter nahm sie zielstrebig die Leitung des Gletschergartens samt Restaurationsbetrieb in die Hand und sorgte dazu auch noch alleine für ihre Kinder.
Joseph Anton Felix von Balthasar: Kurze Lebens-Notizen zu der Portrait-Gallerie merkwürdiger Luzerner auf der Bürgerbibliothek in Luzern. , Luzern 1881-1882, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kurze_Lebens-Notizen_zu_der_Portrait-Gallerie_merkw%C3%BCrdiger_Luzerner_auf_der_B%C3%BCrgerbibliothek_in_Luzern.pdf/153&oldid=- (Version vom 5.11.2022)