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in deren Knoten der Jüngling den Ausdruck seines innersten Wesens legt. Um dies große Gebiet zu decken, ist eben ein mehr neutrales Wort erforderlich, das gleichzeitig das allgemein Vorhandene kennzeichnet. Und dies allgemein Vorhandene ist, daß die fraglichen Gefühle in der Tat gesucht und angestrebt werden.

Dann werden Sie mir vielleicht den Einwand entgegenhalten, daß manche von den angestrebten Gefühlen keineswegs lobenswert seien, und daß Sie ungern den heiligen Namen der Kunst für derartige Bestrebungen hergeben möchten. Wir können ganz einig über die moralische Beurteilung solcher Bestrebungen sein, ohne daß sich daraus ein Grund ergibt, ihnen den Namen der Kunst vorzuenthalten. Es ist ebenso möglich wie bei der Kunst, daß auch die Wissenschaft zu unmoralischen Zwecken angewendet wird. Wenn ein besonders kenntnisreicher Einbrecher sein Werk mit Hilfe einer Knallgas-Stichflamme ausführt und gelegentlich bei schwierigen Fällen Thermit zu Hilfe nimmt, so kann daraus der Experimentalchemie kein Vorwurf gemacht werden. Und das gleiche gilt von der Kunst.

Um Sie mit dem, was ich durch jene Definition ausdrücken will, noch ein wenig vertrauter zu machen, will ich den Punkt noch von anderer Seite zu erreichen versuchen. Mit Ihrer Übereinstimmung habe ich bisher

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Wilhelm Ostwald: Kunst und Wissenschaft. Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1905, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst_und_Wissenschaft.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)