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das sind nicht gewöhnliche Gefühle, das sind ganz besonders hohe und herrliche Gefühle. Ganz derselben Meinung bin ich auch, und diese Meinung habe ich eben ausdrücken wollen, wenn ich die Hervorrufung erwünschter Gefühle als die Aufgabe der Kunst kennzeichnete. Sind denn etwa diese hohen und herrlichen Gefühle nicht erwünscht? Freilich, werden Sie sagen, aber „erwünscht“ ist ein so nüchterner und unzulänglicher Ausdruck für das, was wir tatsächlich fühlen. Da haben wir den Punkt. Sie haben von einer Definition der Kunst, also von einer wissenschaftlichen Arbeit, eine künstlerische Wirkung verlangt, nämlich die Hervorrufung einer anschaulichen Erinnerung Ihrer Kunstgefühle, und nur weil diese in den von mir gewählten Worten vermißt wurde, haben Sie die Definition ungenügend oder unpassend gefunden. Als ich dann den gleichen Inhalt mit Worten aussprach, durch welche jene Erinnerungen belebt wurden, waren Sie einverstanden.

Wir dürfen eben nicht vergessen, daß unter Kunst nicht allein die sogenannte hohe Kunst, die Kunst, besonders starke, tiefe oder feierliche Gefühle zu erwecken, verstanden sein will, sondern die gesamte Kunst in allen ihren Ausläufern, bis zum gemalten Blümchen, das unsere Kaffeetasse verschönt und zu der Halsbinde,

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Wilhelm Ostwald: Kunst und Wissenschaft. Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1905, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst_und_Wissenschaft.pdf/24&oldid=- (Version vom 1.8.2018)