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Dichtung in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts mußte erst ausklingen, ehe im neunzehnten der Aufschwung der deutschen Wissenschaft eintreten konnte. In der Eroberung immer neuer Gebiete durch den menschlichen Geist ist die Kunst immer die Führerin gewesen. Die Wissenschaft ist hinterdrein gekommen, und so kann es nicht wundernehmen, wenn jene den Anspruch der nachhinkenden Wissenschaft, ihrerseits Führerdienste zu leisten, als lächerlich und unbescheiden zurückweist.

Wenn ein Vertreter der Wissenschaft sich nicht scheut, dieses Verhältnis auszusprechen, so dürfen Sie überzeugt sein, daß es sehr offenkundig sein muß. In der Tat, wenn wir versuchen, in allgemeinster Weise die Richtung festzustellen, in welcher die Menschheit sich hier auf Erden bewegt, so werden wir sagen: es ist die auf eine immer weitergehende Beherrschung der Natur und auf ein immer besseres Auskommen mit den Mitmenschen gewendete Richtung. Und das einzige Mittel, die Natur zu beherrschen und mit den Menschen zu leben, ist, ihre Eigenschaften und Wege kennen zu lernen, so daß man ihr Verhalten voraussehen, sich darnach einrichten und womöglich es beeinflussen kann.

Nun wird man wohl der Wissenschaft im allgemeinsten Sinne eine derartige Aufgabe zuerkennen,

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Wilhelm Ostwald: Kunst und Wissenschaft. Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1905, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst_und_Wissenschaft.pdf/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)