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Aufschwung vorbereitet und alle Zeichen der Jugendlichkeit zu erkennen gegeben hat.

Aber ich möchte doch den Vergleich nicht zu Tode hetzen; auch geziemt es sich für einen Angehörigen der wissenschaftlichen Zunft, nach den Regeln seines Gewerbes seine Arbeit zu machen. So will ich denn an die bisherigen Betrachtungen alsbald den Ausdruck meiner Überzeugung knüpfen, daß unsere Zeit ein gleiches nahes Verhältnis zwischen Wissenschaft und Kunst teils schon besitzt, teils erwarten kann, wie es in jener glänzenden Zeit um den Anfang des sechzehnten Jahrhunderts bestanden hat. Und diese Überzeugung möchte ich begründen; dazu muß ich zunächst ein wenig von der Verjüngung der Wissenschaft sprechen.

Diese Verjüngung zeigt sich vor allen Dingen darin, daß die Wissenschaft einen großen Teil von ihrer früheren Strenge und Härte aufgegeben hat. Noch Goethe, der doch überall die Rechte der Kunst gegenüber denen der Wissenschaft verfochten hat, drückt seine Überzeugung von der Beschaffenheit der Naturgesetze in den immer wieder zitierten Worten von den ewigen, ehernen, großen Gesetzen aus, nach denen wir alle unseres Daseins Kreise vollenden sollen. Ihm, und wohl auch noch den meisten heute, erscheinen die Naturgesetze als feindliche, unbarmherzige Mächte, die den armen

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Wilhelm Ostwald: Kunst und Wissenschaft. Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1905, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst_und_Wissenschaft.pdf/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)