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Die Fluten funkelten im Mondlicht unheimlich, und über ihnen zogen bläuliche Nebelgestalten, nein, sie waren überall, sie hatten sich angesammelt, als wollten sie alles ersticken und überwältigen.

Er fröstelt vor wahnwitziger Angst und möchte wie ein Tier aufbrüllen, aber plötzlich denkt er an Gott. Er bekreuzigt sich einmal, zweimal, dreimal – mehreremal – hernach reißt er wie infolge einer plötzlichen inneren Eingebung das Seidentuch vom Halse und schleudert es geballt ins Wasser.

Mit einem Male ward ihm alles klar.

„Sie ist eine Hexe – eine Hexe!! o heilige Mutter Gottes … o alle Heiligen!“ – Wohin war er da geraten? Mit wem hatte er sich zu schaffen gemacht?

Er denkt mit der größten Feindseligkeit an sie.

Er möchte sie totschlagen, auf der Stelle, zermalmen, zertreten wie einen Hund, wie einen Wurm … und ein Rätsel nach dem anderen löst er nunmehr mit Blitzesschnelle …

Nicht vergeblich hatte sie rotes Haar. Nicht vergeblich roch sie nach Kräutern. Nicht vergeblich war sie so wunderschön, glich sie der Mutter Gottes, denn nur dadurch konnte sie fesseln!

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Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/94&oldid=- (Version vom 13.9.2022)