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Ja, er ist gut, wenn er gut ist … aber wenn er böse ist … Er wühlt im Haar und reibt sich die Stirn und brütet unaufhörlich, wie er sie bekommen könnte. Er wird schon etwas herausdenken.

Ihr rotes Seidentuch hat er ja bei sich, das ihr aus dem Gürtel herausgefallen war und das sie vergessen hatte, mitzunehmen. Wie das duftete! Weiß Gott, zwischen welchen Kräutern es gelegen! Damit kann er ja auch zur alten Huzulenwahrsagerin gehen. Die hilft bestimmt, und wenn sonst nichts hilft. Aber vorläufig will er mit Weibern nichts zu thun haben. Will selbst etwas ausdenken. -

Die Thüre der Hütte öffnete sich und seine Mutter kam heraus und rief ihn zum Abendmahl.

„Ich mag nichts essen,“ antwortete er mißmutig, ohne den Kopf zu erheben.

„Gott sei mit dir, mein Sohn,“ antwortete sie ernst, „aber ich merke, daß sich eine Krankheit an dich machen will. Christus mag sie fernhalten … die guten Heiligen mögen sie schlagen.“

Mit bekümmertem Gesicht befühlte sie seine Stirn und versuchte, ihm in die Augen zu schauen.

Er wich ihren ängstlich forschenden Blicken aus.

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/83&oldid=- (Version vom 13.9.2022)