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„Die Stadt da unten ist sehr klein,“ meinte sie belehrend, „es giebt hundert- und abermals hundertmal größere Städte!“

Er pfiff vor Erstaunen auf und schüttelte bedächtig mit dem Kopfe.

„Frau!“

„Sage zu mir nicht Frau; ich bin nicht verheiratet.“

„Du hast keinen Herrn?“

Sie schüttelte mit dem Kopfe, während ihre großen Augen ernst an seinen Lippen hingen.

„Kannst ja einen Herrn aus der Stadt nehmen, sind ja ihrer viele wie Drohnen. Nimm einen Herrn vom Amte!“

Sie schüttelte abermals mit dem Haupte, während ein kaum merkliches Lächeln ihre Mundwinkel verzog.

„Nicht? Freilich, wenn du ihm nicht folgst oder das sprichst, was er nicht mag, kann er dich auch auf achtundvierzig Stunden einsperren. Das verstehen sie gut, diese – Herren! Ich komme eben von ihnen.“

Und ohne eine Antwort abzuwarten, erzählte er ihr in empörtem Tone sein Erlebnis.

Sie betrachtete ihn die ganze Zeit hindurch aufmerksam. Als er zu erzählen aufgehört und nach

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Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/59&oldid=- (Version vom 13.9.2022)