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einen ganzen Monat vom Dorfe fort, und hier herauf kommt keine!“ –

Er lachte mutwillig auf.

Die vor ihm Schreitende sah sich erschrocken um.

„Wohin gehst du?“ fragte er und trat an ihre Seite.

„Hinein in den Wald.“

Ihr Blick streifte ihn von der Seite; sie öffnete die Lippen, um noch etwas zu sagen, schwieg aber, während ein kaum merkliches Lächeln ihr melancholisches Gesicht erhellte. Er musterte sie eine Weile scheu, dann sah er wieder in einer ihm eigenen Weise, halb düster, halb sinnend, vor sich hin und fragte:

„Du bist von unten aus der Stadt?“

„Ja.“

„Dort giebt es eine Menge schöner Häuser, aber auch viel Menschen. Die Stadt ist groß. Bei uns im Dorfe wohnt nur der Herr Pfarrer in einem großen Hause; wir brauchen sie nicht.“

„Warum solltet ihr nicht auch größere Wohnungen brauchen?“ fragte sie.

„Wozu? Sind wir denn Herren? Die unten - sind Herren!“

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/58&oldid=- (Version vom 13.9.2022)