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neue Hoffnungen erweckte, und als die neuen Verhältnisse viel eifrige und ungestörte Arbeit erforderlich machten, damit diese liberale That auch wirklich dem Volke Nutzen bringe, da huben von neuem die Verfolgungen wie der Polen so auch der Kleinrussen an, welche von Jahr zu Jahr immer schärfer wurden. 1863 wurden die Kiewer Sonntagsschulen aufgehoben, der Gebrauch der kleinrussischen Sprache in den Volksschulen wurde verboten, und im Jahre 1876 wurde durch kaiserlichen Ukas kurz und bündig verkündet: „Im ganzen Reiche ist der Druck von Werken in kleinrussischer Sprache, seien es eigene oder übersetzte, verboten!“ Die wenigen Ausnahmen, welche zugelassen werden sollten, sind gänzlich belanglos. So wurde die kleinrussische Litteratur in der Heimat, der Ukraine, völlig obdachlos gemacht. Sie flüchtete sich nun hinüber nach dem österreichischen Galizien und der Bukowina, wo, wie wir weiter unten sehen werden, auch schon unter den Ruthenen im Anschluß an die ukrainische Bewegung eine junge kleinrussische Litteratur sich heranbildete. Natürlich konnte von einem über Äußerlichkeiten hinausgehenden Erfolge jener harten Maßregel keine Rede sein, und in den achtziger Jahren griff denn auch in der russischen Regierung eine mildere Stimmung Platz, so daß wenigstens kleinrussische Theater geduldet wurden. Aber auch heutzutage, da das Erscheinen belletristischer Werke in kleinrussischer Sprache gestattet ist,

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Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite XV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/23&oldid=- (Version vom 13.9.2022)