Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/219

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ihre Tracht war nicht minder originell.

Blutrote Beinkleider, dazu schneeweiße, reichgestickte Hemden und ebenso reichgestickte, kurze, ärmellose Schafpelzchen. Breite, buntfarbige Ledergürtel, behängt mit Fingerhüten und allerlei glänzendem Tand, und Hüte mit hohen, emporgeschlagenen Krempen, geschmückt mit Pfauenfedern, vervollständigten die Kleidung.

Da es ein Feiertag war – so versammelten sie sich da zum Tanz. Zwei von ihnen spielten auf den Geigen ihren Nationaltanz, die Kolomyjka. Ein anderer lag auf der Bank, in seiner vollen Länge ausgestreckt, blickte träumerisch durch die offenen Fenster hinaus und ließ sich neugierig betrachten.

Alle ließen sich betrachten, ohne es zu fühlen, gerade wie Kinder, allein, selber bezeugten sie fast nie Erstaunen oder Neugier, weder für die fremden Ankömmlinge, die kaum einmal im Jahre in ihre Gegend kamen, noch für andere Vorgänge in ihrer Umgebung. Während die Lokomotive mit ihrem jedesmaligen Erscheinen ihre nachbarlichen Dorfbewohner gewöhnlich in Aufregung versetzte, – wandten sie kaum die Köpfe nach der Seite. Das war ihnen ein Schauspiel, so weit und so fremd, sie hatten damit

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/219&oldid=- (Version vom 13.9.2022)