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mit dem allgemein europäischen Entwickelungsgange der Litteratur. Das Zeitalter der Romantik brachte in der polnischen und russischen Litteratur eine schwärmerische Begeisterung für die Ukraine und das alte Kosakentum. In Polen bildete sich eine ganze ukrainische Schule. Deren glänzendste Vertreter sind Anton Malezewski mit seiner tragischen Erzählung aus der Ukraine „Maria“, Sewerin Goszzynski, welcher in seiner erschütternden Dichtung „Das Schloß von Kaniow“ (Zamek kaniowski), das grausige Bild eines kleinrussischen Bauernaufstandes im 18. Jahrhundert schildert, und der feine, zartlyrische Bohdan Zaleski, welcher seine zauberhafte Dichtung „Der Geist der Steppe“ (Duch od stepu) mit den Worten voll glühender Heimatbegeisterung beginnt:

Mich auch, Mutter Ukraine,
Mich auch hat sie, ihren Sohn,
Mit dem Lied genährt am Busen …
Zauberin, im Morgendämmer
Ahnend mein ätherisch Leben
In der Zukunft fernem Reich,
Sprach sie mild und zärtlich weich:

„Warte du mein Kind, Rusalka!
Milch der Lieder, Mark der Blumen
Nähr’ zum Flug den schwachen Leib;
Meines Ruhmes Sonnenzeiten
Leih als Bilder seinen Träumen!
Daß in Gold und Azur ihm
Regenbogengleich erblühen
Alle Sagen meines Volkes.“ …

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite VII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/15&oldid=- (Version vom 13.9.2022)