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Denn da die wenigen Vertreter der höheren Schichten, der Intelligenz dem eigentlichen Volke in Sitte und Sprache fast völlig entfremdet waren, so mußte die nationale Litteratur sich vornehmlich an die Bauern als alleinige Stütze wenden, und eine große Zahl ukrainischer und galizisch-ruthenischer Dichter ist auch selbst aus dem Bauernstande hervorgegangen. Die ukrainische Litteratur ist eine Bauernlitteratur von Geburt, und sie hat auch durch fremde Einflüsse sich in ihrem Wesen nicht wandeln lassen; daher spielte in ihr das Bauerntum seine natürliche Rolle, schon Jahre bevor man in West-Europa sich auf diesen für die litterarische Welt fast vergessenen Stand zu besinnen begann und bevor die russische Litteratur sich zu voller, starker Selbständigkeit hindurchgerungen hatte.

Jahre vergingen, ehe die Arbeit Kotlarewskis recht ihre Wirkung that und Nachfolger zu zeugen vermochte. Und als diese sich fanden, da bestand, wie das ja so zu kommen pflegt, die Nachfolgerschaft nur in täppischer, oberflächlicher Nachahmung, welche nicht die Kraft besaß, sich in Geist und Herz des Meisters hineinzuleben.

Zu eigener Bedeutung erhob sich aus der Schule Kotlarewskis Petro Artemowski-Hulak, der Sohn eines Geistlichen aus dem Gouvernement Kiew, welcher von 1790 bis 1866 lebte und in seinen Fabeln und Satiren die kleinrussische Litteratur durch feine künstlerische Gebilde bereichert hat. Besonders bezeichnend

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Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite V. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/13&oldid=- (Version vom 13.9.2022)