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Helfer zugeschickt werden. Als er nun mit einer Schar Freiwilliger bei Pelusium in einem Lager liegt, zog gegen die einrückenden Feinde bei Nacht ein Heer Feldmäuse, welche ihre Köcher und Bogen, wie auch die Schildriemen zerfraßen, sodaß sie am folgenden Tage unbewehrt entflohen und viele Leute einbüßten. Noch jetzt, setzt Herodot hinzu, steht dieser König in Stein gehauen im Tempel des Vulkan, hält in der Hand eine Maus und sagt durch eine Schrift: Wer mich ansieht, der sei gottesfürchtig![1]

Mäuse als Rachegeister kennen wir aus der grausigen Sage, die sich an den Mäuseturm bei Bingen knüpft. Die Mäuse, welche den Kirchenfürsten Hatto verfolgten, waren die Seelen der Menschen, die durch seine Unbarmherzigkeit elend hatten umkommen müssen. Weniger bekannt ist, daß dieselbe Sage auch in der Ostmark vorkommt: sie knüpft sich an einen Turm an, der bei Kruschwitz im Goplosee steht. Der Fürst Popiel II. von Polen führte ein lasterhaftes Leben. Auf Anraten seiner Gemahlin lud er seine Oheime, die ihn auf bessere Wege zu bringen suchten, zu einem Mahle, wobei er ihnen den Giftbecher reichte. Allein aus ihren Leichen, die er in einen Winkel der Hofburg hatte werfen lassen, erzeugten sich Mäuse, die den Fürsten auf Schritt und Tritt verfolgten. In seiner Not baute er mitten in die wogende Flut des Goplosees einen festen Turm aus Stein. Hier wurde er mit seiner Familie von den nachfolgenden Mäusen völlig aufgefressen.

Von dem Mäuseteiche in Breslau erzählt man sich seltsame Dinge. So soll sich das Wasser desselben allemal rot färben, wenn der Stadt ein Unglück bevorsteht: ebenso wurde auch eine Leiche über dem Wasser schwebend gesehen. Die Sage berichtet darüber, daß zur Zeit einer großen Hungersnot die gläubigen Christen sich an den dortigen Bischof wandten mit der Bitte um Unterstützung mit Lebensmitteln. Dieser wollte aber hiervon nichts wissen und sagte den Flehenden, daß es in Breslau noch genug Mäuse und Ratten gebe, die für die Sünder noch viel zu gut seien. Diese Verhöhnten gingen zwar

  1. Zitiert nach H. Schrader: Der Bilderschmuck der deutschen Sprache.