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Juden, Griechen, Kelten und Germanen, hatten einen Pestgott, der zugleich Mäusegott war, weil man in der plötzlichen Vermehrung der Mäuse das Anzeichen einer verheerenden Seuche erblickte. Der Mäuse-Appoll tritt uns gleich im ersten Gesange der Ilias entgegen, wie er den Griechen die Pest ins Lager sendet.

Als Ursache und Vorbote der Pest galt im Norden Deutschlands die Erscheinung ungeheurer Scharen von wandernden Lemmingen, mäuse- und rattenartigen Nagern, von denen man glaubte, daß sie aus den Wolken fielen. In den kirchlichen Verfluchungsformeln, die man gegen die Lemminge schleuderte, wie sie aus dem Sacertodale romanum im Museum Wormianum wieder abgedruckt sind, werden die Lemmige als das pestbringende Ungeziefer, als richtige Pestmäuse angeredet, und die Formel: Exorcizo vos pestiferos vermes mures .... „Seid verflucht, ihr pestbringenden Würmer und Mäuse“, kehrt darin wiederholt wieder.

Die Maus dient auch als Heilmittel gegen gewisse Krankheiten und Schwächen. Der englische Landgeistliche Fletcher Moss schreibt in seinem reizenden Buche „Folklore, old customs and tales of my neighbours“ (Manchester 1898): „Wenn sich junge Personen während des Schlafens schlecht aufführen, dann sollten sie gebratene Mäuse oder eine Mauspastete als unfehlbares Heilmittel genießen. Reiche Leute bedienen sich derselben, lassen es aber den Hausarzt nicht wissen. Es scheint mir, daß, wenn die Leute über die schlafenden Kinder Mäuse laufen sehen, sie jenes Übel diesen zuschreiben und dann glauben, daß sie durch das Füttern der Kinder mit Mäusen die störenden Nager, die dies bald ausfinden, von weiterer Belästigung abhalten. Dies ist im allgemeinen eine harmlose Kur, denn gebratene Mäuse schmecken gerade so gut wie gebratene Kaninchen.“

Eine gebratene Maus muß übrigens außer der Heilkraft auch noch ungeahnte Nährkraft besitzen, wenigstens nach dem sächsischen Kinderverse:

Die Schneider gingen zur Herberg ’naus
Und hielten dort einen großen Schmaus,