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wie es die sieben Zwerge sah, erschrak es. Sie waren aber freundlich und fragten „wie heißt du?“ „Ich heiße Sneewittchen“ antwortete es. „Wie bist du in unser Haus gekommen?“ sprachen weiter die Zwerge. Da erzählte es ihnen daß seine Stiefmutter es hätte wollen umbringen lassen, der Jäger hätte ihm aber das Leben geschenkt, und da wär es gelaufen den ganzen Tag, bis es endlich ihr Häuslein gefunden hätte. Die Zwerge sprachen „willst du unsern Haushalt versehen, kochen, betten, waschen, nähen und stricken, und willst du alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben, und es soll dir an nichts fehlen.“ Das versprach Sneewittchen, und blieb bei ihnen. Es hielt ordentlich Haus: Morgens giengen sie in die Berge, und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie wieder, und da mußte ihr Essen bereit sein. Den Tag über war das Mädchen allein, da warnten es die guten Zwerglein und sprachen „hüte dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen daß du hier bist; laß ja niemand herein.“

Die Königin aber, nachdem sie Sneewittchens Lunge und Leber glaubte gegessen zu haben, dachte nicht anders als wieder die erste und allerschönste zu sein, und trat vor ihren Spiegel und sprach

„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?“

Da antwortete der Spiegel

„Frau Königin, ihr seid die schönste hier,
aber Sneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schöner als ihr.“

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1843). Göttingen 1843, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1843_I_312.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)