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ihnen einen Schlaftrunk in den Wein, daß sie sich bald in den Keller hinlegten, schliefen und schnarchten. Als die Braut das hörte, kam sie hinter dem Faß hervor, und mußte über die Schlafenden wegschreiten, die da reihenweise auf der Erde lagen, und hatte große Angst sie möchte einen aufwecken. Aber Gott half ihr daß sie glücklich durchkam, und die Alte stieg mit ihr hinauf, öffnete die Thüre, und sie eilten so schnell sie konnten aus der Mördergrube fort. Die gestreute Asche hatte der Wind weggeweht, aber die Erbsen und Linsen hatten gekeimt und waren aufgegangen, und zeigten im Mondschein den Weg. Sie giengen die ganze Nacht bis sie Morgens in der Mühle ankamen. Da erzählte das Mädchen seinem Vater alles wie es sich zugetragen hatte.

Als der Tag kam wo die Hochzeit sollte gehalten werden, erschien der Bräutigam, der Müller aber hatte alle seine Verwandte und Bekannte einladen lassen. Wie sie bei Tische saßen, ward einem jedem aufgegeben etwas zu erzählen. Die Braut saß still, und redete nichts. Da sprach der Bräutigam zur Braut „nun, mein Herz, weißt du nichts? erzähl uns auch etwas.“ Sie antwortete „so will ich einen Traum erzählen. Ich gieng allein durch einen Wald, und kam endlich zu einem Haus, da war keine Menschenseele darin, aber an der Wand war ein Vogel in einem Bauer, der rief

„kehr um, kehr um, du junge Braut,
du bist in einem Mörderhaus.“

Und rief es noch einmal. Mein Schatz, das träumte mir nur. Da gieng ich durch alle Stuben, und alle waren leer, und es war so unheimlich darin; ich stieg endlich

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1843). Göttingen 1843, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1843_I_246.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)