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Als der König seine Tochter wieder erblickte, war große Freude. Er sprach zu den vier Brüdern „einer von euch soll sie zur Gemahlin haben, aber welcher das ist, macht unter euch aus.“ Da entstand ein heftiger Streit unter ihnen, denn jeder machte Ansprüche. Der Sterngucker sprach „hätt ich nicht die Königstochter gesehen, so wären alle eure Künste umsonst gewesen: darum ist sie mein.“ Der Dieb sprach „was hätte das Sehen geholfen, wenn ich sie nicht unter dem Drachen weggeholt hätte: darum ist sie mein.“ Der Jäger sprach „ihr wärt doch sammt der Königstochter von dem Unthier zerrissen worden, hätte es meine Kugel nicht getroffen: darum ist sie mein.“ Der Schneider sprach „und hätte ich euch mit meiner Kunst nicht das Schiff wieder zusammengeflickt, ihr wärt alle jämmerlich ertrunken: darum ist sie mein.“ Da that der König den Ausspruch „jeder von euch hat ein gleiches Recht, und weil ein jeder die Jungfrau nicht haben kann, so soll sie keiner von euch haben, aber ich will jedem zur Belohnung ein halbes Königreich geben.“ Den Brüdern gefiel diese Entscheidung, und sie sprachen „es ist besser so, als daß wir uneins werden.“ Da erhielt jeder ein halbes Königreich, und sie lebten mit ihrem Vater in aller Glückseligkeit, so lange es Gott gefiel.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1857). Göttingen 1857, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1857_II_210.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)