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aber dreimal wieder hin. Das Gift wirkt und er taumelt. In dem Augenblick verschwindet der Jäger, weil er durch Zauberei sich unsichtbar machen kann. Der Löwe kommt wieder zur Besinnung und geht heim. Dort spricht der Hund zu ihm „Bruder Löwe, du fürchtest nichts in der Welt außer unsern Herrn, der dich erschaffen hat, das Laub an den Bäumen, Gras, Fliegen und Erde, warum hast du den schwarzen Vogel nicht gepackt und deinen Kindern gebracht.“ Der Löwe antwortet „dieses Mannes Kraft ist größer als meine, den schwarzen Mann muß man fürchten.“ Die wilden Thiere im Wald sind gefährlich, der Löwe, der Leopard, die wilde Kuh, der wilde Hund und die Hyäne, aber wenn sie den schwarzen Mann sehen, so bleiben sie nicht stehen und erwarten ihn. Es ist unser Märchen von dem Wolf und dem Mensch (Nr. 72).

10. Wie der Verstand unter die Thiere ausgetheilt wird. Im Anfang war keins von allen Thieren mit Verstand begabt, sahen sie einen Jäger auf sich zukommen, der sie tödten wollte, so blieben sie stehen, schauten ihn an und wurden erschossen. Da schickt unser Herr einen, der steckt allen Verstand in einen Sack und stellt diesen unter einen großen Baum. Das Wiesel bemerkt das, lauft zu dem Hasen, berichtet ihm davon und sagt „Bruder Hase, laß uns hingehen, und wenn du den Sack nehmen willst, so will ich dir guten Rath geben.“ Als der Hase versucht, so kann er es nicht und geht fort. Jetzt versucht es das Wiesel abermals, aber der Sack ist zu schwer. Da kommt eine Taube, setzt sich auf einen Zweig und spricht „häng es über.“ Das Wiesel schleift den Sack fort und lehnt ihn an einen Baum, packt ihn dann auf und trägt ihn heim. Dort öffnet es ihn und sieht daß nichts als Verstand darin ist. Darauf geht es zu dem Hasen und berichtet ihm von dem Sack und spricht „erzähle den andern Thieren nichts davon: dir will ich ein wenig Verstand geben, das übrige aber in meiner Höhle bewahren. Wenn sonst noch eines kommt, will ich ihm auch ein wenig geben.“ Der Hase erhielt also etwas davon, und das Wiesel sagt „wenn du dein Theil mitnimmst, so beachte folgendes, schläfst du bei Tag, so mache deine Augen auf. Wenn dann einer kommt und denkt du wärst ein guter Bissen für ihn, so glaubt er du seiest wach und geht wieder weg. Liegst du aber und schläfst nicht, so mache deine Augen zu: kommt einer herbei geschlichen und will dich packen, so spring auf und lauf in den Wald. So viel Verstand ist für dich genug.“ Allen übrigen behielt das Wiesel für sich

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_377.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)