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„aber wart, wir wollen sehen wer der klügste ist“, springt auf, legt ein großes Scheit Holz an seinen Platz ins Bett und versteckt sich in eine Ecke des Zimmers. Um Mitternacht kommt der Riese, thut ein paar gewaltige Schläge aufs Bett und geht wieder fort. Am Morgen als Hans, den der Riese zerschmettert glaubt, ganz heil und gesund zu ihm tritt, erschrickt er und sagt „ei, seid ihrs, nun wie habt ihr geschlafen, habt ihr etwas gesehen oder gehört?“ „Nichts der Rede werth, eine unruhige Ratte, glaub ich, gab mir drei oder vier Schläge mit ihrem Schwanz, ich schlief aber gleich wieder ein“. Der Riese, ganz verwirrt, läßt eine große Schüssel mit Pudding zum Frühstück bringen. Hans denkt der Riese soll doch nicht sehen daß ich nicht so wie er essen kann und steckt die Bissen heimlich in einen ledernen Sack, so daß der Riese nicht anders meint als er schlucke sie hinunter. Nach dem Essen sagt er zu dem Riesen „jetzt will ich euch ein Kunststück zeigen, ich heile alle Wunden in einem Augenblick; ich könnte mir, wenn ich Lust hätte, den Kopf abschneiden und ohne Schaden wieder aufsetzen.“ Dann schneidet er sich den ledernen Sack an seinem Leib auf (als schnitte er den Magen auf) und läßt den Pudding auf die Erde rollen. Der Riese beschämt will ihm das nachthun und sticht sich das Messer in den Leib, so daß er gleich todt hinfällt. Hans begibt sich jetzt in den Dienst eines Königssohns, der so großmüthig ist daß er alles weggibt. Als er seinen letzten Pfennig einem alten Weib gereicht hat, weiß er nicht wo er die Nacht zubringen soll. „Seid ohne Sorge“, spricht Hans, „zwei Meilen von hier wohnt ein Riese der hat drei Köpfe und will mit fünfzehnhundert gewaffneten Männern es aufnehmen und sie in die Flucht schlagen“. „Ach“, antwortet der Prinz, „wir werden kaum einen von seinen hohlen Zähnen ausfüllen“. „Herr, laßt mich gewähren“, spricht Hans. Hans reitet in aller Eile zu dem Riesen „lieber Öhm“, redet er ihn an, „der Königssohn kommt mit zweitausend bewaffneten Männern, die wollen dich tödten und dir deine Burg zerstören“. „Lieber Vetter“, antwortet der Ungeschlachte, „ich habe ein Gewölbe unter der Erde, dahinein verschließ mich und bewahr den Schlüssel, bis der Königssohn vorbei ist“. Hans läßt sich das nicht zweimal sagen; nachdem der Riese eingeschlossen ist, holt er den Prinzen in das Schloß und beide thun sich gütlich. Den nächsten Morgen gibt erst Hans dem Prinzen noch Gold und Silber, begleitet ihn drei Meilen und reitet dann zurück, seinen Öhm wieder aus

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_316.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)