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und man wird die Ähnlichkeit mit dem Märchen nicht verkennen, die Armuth und Frömmigkeit des Mannes, wozu der Gegensatz in der Frau angedeutet ist, die Reichthümer wünscht und ihn zu der Reise nach Dwarka antreibt: die Zusammenkunft mit dem Gott Chrisnen (obgleich diesmal umgekehrt der Arme gegangen kommt) der seine arme Gabe gern empfängt und davon ißt. Endlich der daraus fließende Segen, namentlich das neuerbaute Haus. In einer chinesischen Sage aber ist der ganze Gegensatz und dieselbe Folge unseres Märchens enthalten. Fo gieng oft auf die Erde herab, die Herzen der Menschen zu prüfen. Es trägt sich zu, daß er zur Nachtzeit in schlechtem Gewand vor die Hütte einer Wittwe kommt und als ein Unglücklicher und Verirrter Herberge begehrt. Die Frau bewirthet ihn freundlich und bereitet ihm eine Schlafstätte. Fo legt sich bald zur Ruhe, sie beleuchtet den Schlafenden mit der Lampe und sieht daß er kein Hemd anhat, auch sein Kleid zerrissen ist. Da schließt sie ihren Kasten auf und schneidet aus grobem selbstgesponnenem Linnen ein neues Hemd, näht es die ganze Nacht hindurch und Morgens früh reicht sie es dem Gast, welcher dankbar die Gabe annimmt und spricht „Gott lohne dir was du an mir thust, wenn ich geschieden bin, dann müsse dein erstes Beginnen nicht aufhören, bis die Sonne sinkt“. Als der Gast fort ist, will sie die Rolle Linnen wieder in den Kasten legen, und indem sie denkt, wie viel Ellen es noch sein könnten, beginnt sie an ihrem Arm zu messen, und die Rolle wickelt sich immer auf, ohne dünner zu werden, und so mißt sie bis die Sonne untergeht, da liegt die ganze Stube voll Linnen, und sie ist eine reiche Frau geworden. Dankbar und voll Freude erzählt sie ihrer Nachbarin von dem Glück, das ihr widerfahren. Diese ist geizig und will desselben theilhaftig werden, darum stellt sie sich, die sonst niemals den Armen etwas gegeben, an ihre Hausthür, um den fremden Gast, wenn er vorübergienge, einzuladen. Nicht lange, so kommt er, wird mit offenen Armen von ihr empfangen, köstlich bewirthet und Morgens ihm ein feines Hemd angeboten statt des groben, das er an seinem Leib trägt. Fo dankt und verläßt das Haus mit denselben Worten, wie bei der ersten. Freundlich begleitet sie ihn eine Strecke und berechnet schon den unendlichen Reichthum, als sie in Gedanken an einen stehen gebliebenen Eimer stößt. Und weil gerade ihr Schwein grunzt, denkt sie „das Thier bekommt doch den Tag über mein Messen kein Futter, du willst ihm wenigstens das

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_150.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)