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der Mann ist arm wie zuvor, und obgleich die Frau unrecht gehandelt hat, wird er doch ausgescholten und ihm die Schuld gegeben. Ja, er wird nun gehöhnt und aller Welt zum Spott, so daß er Gott um den Tod bittet und aus Kummer stirbt. Hierauf bezieht sich wohl eine Stelle bei Reinmar von Zweter (M.S. 2, 145.) unde het ich drîer wünsche gewalt, wie gerade dieselben Worte in der Erzählung vorkommen. Kirchhof theilt im Wendunmut (1581. 1, 178. 179) das Märchen mit, wie es ihm in seiner Jugend die spinnenden Mädchen erzählt haben. Vor alten Zeiten kamen der hl. Peter und der hl. Paulus Abends spät in ein Dorf und baten vor einem Haus um Herberge. Aber der Mann war geizig und die Frau noch viel mehr, und sie wurden kurz abgewiesen. Nebenan wohnte ein Armer mit vielen Kindern, den jammerten die beiden Fremdlinge, und er ließ ihnen durch seine Frau sagen sie möchten bei ihm einkehren und mit dem verlieb nehmen, was Gott bescheren würde. Sie traten also in das kleine Haus ein und übernachteten darin. Den folgenden Morgen, als sie weiter ziehen wollten, sprach der hl. Paulus zu dem hl. Peter „dieser fromme Mann hat es gut gemeint und uns nach seinem Vermögen gut gehalten, wir sollten uns dankbar erweisen.“ Petrus rief also den Mann und die Frau und gab ihnen Gewalt dreimal zu wünschen was sie wollten, es sollte geschehen. Als die Heiligen fort waren, berathschlagten die Armen was sie sich wünschen sollten, und wurden eins sie wollten von Gott begehren erstlich daß ihr armes Häuschen mit allem was darin wäre, von Stund an verbrenne, zweitens daß ein neues an seiner Stelle stehe, in dem, so lange sie lebten, nichts von allem, dessen sie bedürftig wären, mangele, es sei Speise, Trank, Geld, Hausrath etc. Diese zwei Bitten wurden gleich erfüllt. Drittens baten sie nach diesem Leben ewig im Himmelreich bei Gott zu sein. Über diese plötzliche Veränderung der Armuth in Reichthum verwunderte und freute sich jedermann im Dorf, nur nicht der Geizige. Seine Frau sprach „führt das Wetter wieder einmal die beiden Alten hierher, so sollten sie sich an uns wenden: wir sind eines neuen Hauses eben so werth als die Bettler.“ Der Mann hatte dazu auch wohl Lust, wollte aber keine Unkosten daran wenden. Nicht lange darnach, als der Reiche mit seinen Knechten früh ins Holz gefahren war, kamen Petrus und Paulus wieder in das Dorf. Die Frau lief gleich auf sie zu und lud sie in ihr Haus. Die Heiligen sagten daß

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_147.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)