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28.
Der singende Knochen.

Aus Niederhessen, ebendaher, doch aus verschiedenen Orten, noch zwei andere Erzählungen. Sie heben an wie das Märchen von dem Wasser des Lebens (Nr. 97). Ein alter König wird krank, will seine Krone weggeben und weiß nicht welchem von seinen drei (ober zwei) Söhnen. Endlich beschließt er daß sie demjenigen zufallen soll, der einen Bären mit einem goldenen Schlößchen (oder ein Wildschwein) fangen kann. Der älteste zieht aus, bekommt ein Pferd, einen Kuchen und eine Flasche Wein mit auf den Weg. In dem Wald sitzt ein Männlein unter einem Baum, fragt freundlich „wohinaus?“ und bittet um ein Stückchen Kuchen. Der Königssohn antwortet voll Hochmuth, gibt ihm nichts und wird nun von dem Männlein verwünscht, daß er den Bären umsonst suchen soll. Er kehrt also unverrichteter Sache wieder heim. Der zweite wird ausgeschickt; es geht nicht besser. Nun kommt an den Jüngsten, den Dummling, die Reihe, er wird ausgelacht und erhält statt des Pferdes einen Stock, statt des Kuchens Brot, statt des Weins Wasser. In dem Wald redet auch ihn das Männlein an, er antwortet freundlich und theilt seine Speise mit ihm. Da gibt ihm das Männlein ein Seil, womit er den Bären auch fängt und ihn heimführt. Die andere Erzählung sagt kurz der zweite Sohn habe das Wildschwein erlegt. Der älteste Bruder sieht ihn kommen, geht ihm entgegen und ermordet ihn; das übrige stimmt überein. Eine vierte Erzählung bei Colshorn Nr. 71. Eine fünfte aus der Schweiz theilt Wackernagel in Haupts Zeitschrift 3, 35, 36 mit. Ein Knabe und ein Mädchen werden in den Wald geschickt eine Blume zu suchen; wer sie findet, soll das Königreich haben. Das Mädchen findet sie und schläft ein. Der Bruder kommt heran, tödtet das schlafende, bedeckt es mit Erde und geht fort. Ein Hirtenknabe findet hernach ein Knöchlein, macht eine Flöte daraus, und das Knöchlein fängt an zu singen und berichtet wie alles geschehen ist. Eine sechste bei Müllenhof Nr. 49.

In einem altschottischen Lied kommt dieselbe Sage vor, aus dem Brustbein der ersäuften Schwester macht ein Harfner eine Harfe, die

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_055.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)