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„Als ich aber die Thür einnahm,

sitzt der Reitschmid hinter der Thür
greift mit der glühenden Zang herfür
in meinen Schwanz, daß er gleich zischt.
Da ich nun mein ich sei entwischt,

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faßt mich noch der Hund bei dem Ohr,

das ich lieber denns Haupt verlor;
hätt er den Darm erhascht gewis,
den mir die Strohgabel ausriß,
ich hätte da müssen auf der Straßen

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beim Eingeweid mein Leben lassen.

Ich zweifel auch nicht, wenn wir nicht laufen,
es wird folgen der helle Haufen
und uns sämptlich allhie ermorden,
wie ich verstund aus ihren Worten.“

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Die Red bracht allen solch ein Schrecken

daß jeder lief sich zu verstecken
und die Hausleut ohn Ansprach
beinander hatten gut Gemach.

Aus den wilden Waldthieren sind in unserm Märchen Räuber geworden. Jenes ist wohl ursprünglicher, da in dem lateinischen Reinhart Fuchs (Isengrimus 529 folg.) eine Fabel vorkommt, wonach Ziege, Bock, Fuchs, Hirsch, Hahn und Gans reisen, sich in einem Waldhaus aufhalten und den dazu kommenden Wolf anführen, wie es auch in einem Märchen der Siebenbürger Sachsen erzählt wird (bei Haltrich Nr. 4), womit Nr. 41 näher verwandt ist. Überhaupt ist zu merken daß hier die stärkern, wilden, mächtigen getäuscht werden (wie in Nr. 102), wie Zwerge die Riesen überlisten. Vollständiger ist insoweit Rollenhagen als auch der Ochs und die Gans bei ihm auftreten, und besonders ist bei letzterer der gute Zug zu merken, daß ihr Schnabel von dem Erschrockenen für eine glühende Eisenzange gehalten wird. Eine schwäbische Erzählung von dem Räuber und den Hausthieren findet sich bei Meier Nr. 3. Vergleiche zum Ganzen die Wirthschaft des Lumpengesindels (Nr. 10).

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)