Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 043.jpg

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Männlein fragt zu welchem Thor es eingehen wolle, zum Goldthor oder zum Pechthor. Es wählt aus Demuth das letztere, wird aber durch das erstere geführt, wo alles von Gold trieft: Angesicht und Kleider werden ihr vergoldet. Eine Jungfrau fragt wo sie wohnen will, im weißen oder schwarzen Haus, sie spricht wieder im schwarzen, wird aber ins weiße geführt. Eine andere fragt ob sie lieber mit schönen Spinnerinnen Goldflachs spinnen und mit ihnen essen wolle, oder mit Katzen und Schlangen. Das Mädchen erschrickt, wird aber zu den Goldspinnerinnen gebracht, ißt mit ihnen Braten und trinkt Bier und Meth. Nachdem es ein herrliches Leben eine zeitlang da geführt, wird es durch ein Goldthor von einem andern Männchen wieder zurückgebracht, und langt mit Goldkränzen behängt zu Hause an. Der gelbe Hahn kräht bei ihrer Ankunft kickericki, kickericki! und alle rufen „da kommt die goldene Marie!“ Nun läßt sich die häßliche Schwester auch in den Brunnen stoßen. Es folgt von allem das Gegentheil, ein schwarzes Männchen führt sie fort, sie kommt durchs Pechthor in eine Nebelwohnung zu Schlangen und Kröten, wo sie sich nicht satt essen darf und Tag und Nacht keine Ruhe hat. In der Naubertischen Sammlung (1, 136–179) ist das Märchen im Ganzen nach jener vierten hessischen Erzählung bearbeitet und in der Weise der übrigen, aber recht angenehm, erweitert. Eine andere Bearbeitung in den Erzählungen der Mad. Villeneuve, wovon Ulm 1765 eine Uebersetzung unter dem Titel die junge Amerikanerin erschien. Das Murmelthier (Liron), so heißt das Stiefkind, muß die gröbste Arbeit verrichten, die Schafe hüten und dabei eine gegebene Zahl gesponnener Faden mit nach Haus bringen. Das Mädchen setzt sich oft an einen Brunnenrand, will eines Tages sich das Gesicht waschen und fällt hinein. Als es wieder zu sich kommt, befindet es sich in einer Krystallkugel unter den Händen einer schönen Brunnenfrau, der es die Haare kämmen muß, dafür bekommt es ein kostbares Kleid, und so oft es seine Haare schüttelt und sich kämmt, sollen glänzende Blumen herausfallen, und wenn es in Noth ist, soll es sich herabstürzen und Hilfe bei ihr finden. Dann gibt sie ihm noch einen Schäferstab der die Wölfe und Räuber abwehrt, ein Spinnrad und einen Rocken der allein spinnt, endlich einen zahmen Biber, zu mancherlei Diensten geschickt. Als Murmelthier mit diesen Gaben Abends heim kommt, soll die andere Tochter sich gleiche erwerben, und springt in den Brunnen hinab. Sie geräth aber in Sumpfwasser,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_043.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)