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Göthe hat sich sinnvoll über dieses Märchen geäußert: s. Werke (1833) 46, 274. Schriften der skand. Litteratur-Gesellsch. 1816. 1817. S. 208 ff.


5.
Der Wolf und die Geiserchen.

Aus der Maingegend. In Pommern soll es von einem Kinde erzählt werden, das, als seine Mutter fortgegangen ist, von dem Kindergespenst, ähnlich dem Knecht Ruprecht, verschlungen wird. Aber die Steine die er mit verschlingt, machen das Gespenst so schwer daß es zur Erde fällt und das Kind unversehrt wieder herausspringt. Aus dem Elsaß in Stöbers Volksbüchlein S. 100. Boner (Nr. 33) erzählt das Märchen ganz einfach, die Mutter warnt ihr Geislein vor dem Wolf, den es auch, als er mit verstellter Stimme herankommt, nicht einläßt. Noch kürzer in einem alten Gedicht (Reinhart Fuchs 346), wo aber das Geislein durch einen Ritz den Wolf erkennt. So auch Buckard Waldis (Frankfurt 1565. Fab. 24) und Hulderich Wolgemuth in seinem erneuten Esopus (Frankf. 1623). Eine lebendige Erzählung davon aus dem siebenbürg. Sachsen bei Haltrich Nr. 33. Lafontaine (IV. 1, 15) hat die Fabel einfach wie Corrozet, doch gedenkt jener des Umstands mit der weißen Pfote, welche das Geislein zu sehen verlangt wie in unserm Märchen, und wir erinnern uns eines Bruchstücks aus einem vollständigen französischen. Der Wolf geht zum Müller, reicht ihm die graue Pfote und spricht

„meunier, meunier, trempe moi ma patte dans ta farine blanche“. „non, non! non, non!“ „alors je te mange“.

Da thut es der Müller aus Furcht.

Auch Psamathe, die Nereide, sandte den Wolf auf Peleus und Telamons Herden, der Wolf fraß sie insgesammt und wurde dann versteinert, wie ihm hier Steine eingenäht werden. Doch liegt die Sage vom versteinerten Wolf noch tiefer.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_015.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)