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Wenn jeder Apostel in einer glänzenden Wohnung sitzet, so ist das Lied vom hl. Anno zu vergleichen V. 720, wo es heißt, daß die Bischöfe im Himmel wie Sterne zusammen säßen. Es ist ein alter Zug, daß Jungfrauen, ihrer Kleider beraubt, sich mit ihren langen Haaren bedecken, von der hl. Agnes erzählt es die Bibl. maxima 27, 82b, von der hl. Magdalena Petrarch in lateinischen Versen; eine Abbildung von dieser in dem Magasin pittoresque 1, 21. Nach einer altspanischen Romanze sitzt eine Königstochter auf einer Eiche und ihre langen Haare bedecken den ganzen Baum; Diez altspan. Romanzen 177. Geibel Volkslieder und Romanzen der Spanier S. 151. 152.


4.
Fürchten lernen.

Dieses Märchen wird an andern Orten gewöhnlich mit neuen oder verschieden gestellten Proben der Herzhaftigkeit erzählt, und ist mit der Sage vom Bruder Lustig und dem Spielhans (Nr. 81. 82) verwandt. Wie der Furchtlose, so fährt Parzival in einem zauberhaften Bett durch das Schloß 566. 567. Zu Grund liegt hier eine meklenburgische Erzählung, aus einer hessischen in der Schwalmgegend ist das Kegelspiel mit den Todtengebeinen eingerückt. In einer andern aus Zwehrn wird erzählt daß Gespenster mit neun Knochen und einem Todtenkopf kommen und den Jungen zum Spiel einladen, das er ohne Furcht annimmt, worin er aber all sein Geld verliert; um Mitternacht verschwindet der Spuk von selbst. Aus dieser ist auch genommen daß die Leiche herbeigetragen wird, die er im Bett erwärmen will. Sie hat aber auch weiter keine Proben, und es fehlt der scherzhafte Schluß, der dagegen wieder in einer dritten hessischen, wo der Junge ein Schneider ist, so vorkommt daß die Frau Meisterin einen Eimer kalt Wasser über ihn gießt, als er im Bett liegt. In einer vierten Erzählung wird die große Mannhaftigkeit einem jungen Tiroler zugeschrieben. Er beräth sich mit seinem Vater, was für ein Handwerk ihm wohl am zuträglichsten sein würde, und entschließt sich endlich das Fürchten zu lernen. Ein neuer Zug darin ist, daß Nachts ein Gespenst hereintritt, ganz mit Messern bedeckt, und den Tiroler niedersitzen heißt, um sich von ihm

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_009.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)