Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1850 I 312.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„die alte Krämerfrau war niemand als die gottlose Königin: hüte dich und laß keinen Menschen herein, wenn wir nicht bei dir sind.“

Das böse Weib aber, als es nach Haus gekommen war, gieng vor den Spiegel und fragte

„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?“

Da antwortete er wie sonst

„Frau Königin, ihr seid die schönste hier,
aber Sneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schöner als ihr.“

Als sie das hörte, lief ihr alles Blut zum Herzen, so erschrack sie, denn sie sah wohl daß Sneewittchen wieder lebendig geworden war. „Nun aber,“ sprach sie, „will ich etwas aussinnen, das dich zu Grunde richten soll,“ und mit Hexenkünsten, die sie verstand, machte sie einen giftigen Kamm. Dann verkleidete sie sich und nahm die Gestalt eines andern alten Weibes an. So gieng sie hin über die sieben Berge zu den sieben Zwergen, klopfte an die Thüre, und rief „gute Waare feil!“ feil!“ Sneewittchen schaute heraus und sprach „geht nur weiter, ich darf niemand hereinlassen.“ „Das Ansehen wird dir doch erlaubt sein“ sprach die Alte, zog den giftigen Kamm heraus und hielt ihn in die Höhe. Da gefiel er dem Kinde so gut, daß es sich bethören ließ und die Thüre öffnete. Als sie des Kaufs einig waren, sprach die Alte „nun will ich dich einmal ordentlich kämmen.“ Das arme Sneewittchen dachte an nichts, und ließ die Alte gewähren, aber kaum hatte sie den Kamm

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1850). Göttingen 1850, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1850_I_312.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)