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Nun kam der Daumerling durch den Ritz glücklich in die Schatzkammer, öffnete das Fenster, unter welchem die Räuber standen, und warf ihnen einen Thaler nach dem andern hinaus. Als das Schneiderlein in der besten Arbeit war, hörte es den König kommen, der seine Schatzkammer besehen wollte, und verkroch sich eilig. Der König merkte daß viele harte Thaler fehlten, konnte aber nicht begreifen wer sie sollte gestohlen haben, da Schlösser und Riegel in gutem Stand waren, und alles wohl verwahrt schien. Da gieng er wieder fort und sprach zu den zwei Wachen „habt acht, es ist einer hinter dem Geld.“ Als der Daumerling nun seine Arbeit von neuem anfieng, hörten sie das Geld drinnen sich regen und klingen klipp, klapp, klipp, klapp. Sie sprangen geschwind hinein und wollten den Dieb greifen. Aber das Schneiderlein, das sie kommen hörte, war noch geschwinder, sprang in eine Ecke und deckte einen Thaler über sich, so daß nichts von ihm zu sehen war, dabei neckte es noch die Wachen und rief „hier bin ich.“ Die Wachen liefen dahin, wie sie aber ankamen, war es schon in eine andere Ecke unter einen Thaler gehüpft, und rief „he, hier bin ich.“ Die Wachen sprangen eilends herbei, Daumerling war aber längst in einer dritten Ecke und rief „he, hier bin ich.“ Und so hatte es sie zu Narren und trieb sie so lange in der Schatzkammer herum, bis sie müde waren und davon giengen. Nun warf es die Thaler nach und nach alle hinaus: den letzten schnellte es mit aller Macht, hüpfte dann selber noch behendiglich darauf und flog mit ihm durchs Fenster hinab. Die Räuber machten ihm große Lobsprüche, „du bist ein gewaltiger Held,“ sagten sie, „willst du unser Hauptmann werden?“ Daumerling bedankte sich aber und sagte

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1850). Göttingen 1850, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1850_I_259.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)