Alles blieb still bis Mitternacht, da ertönte auf einmal ein
schneidendes Pfeifen in der Luft, und die beiden Wächter erblickten
den Bösen, der leibhaftig vor ihnen stand. „Fort, ihr Halunken,“
rief er ihnen zu, „der in dem Grab liegt, ist mein: ich will ihn
holen, und wo ihr nicht weg geht, dreh ich euch die Hälse um.“
„Herr mit der rothen Feder,“ sprach der Soldat, „ihr seid mein
Hauptmann nicht, ich brauch euch nicht zu gehorchen, und das
Fürchten hab ich noch nicht gelernt. Geht eurer Wege, wir bleiben
hier sitzen.“ Der Teufel dachte „mit Gold fängst du die zwei
Haderlumpen am besten,“ zog gelindere Saiten auf und fragte ganz
zutraulich ob sie nicht einen Beutel mit Gold annehmen und damit
heim gehen wollten. „Das läßt sich hören,“ antwortete der Soldat,
„aber mit Einem Beutel voll Gold ist uns nicht gedient: wenn ihr
so viel Gold geben wollt, als da in einen von meinen Stiefeln
geht, so wollen wir Euch das Feld räumen und abziehen.“ „So
viel habe ich nicht bei mir,“ sagte der Teufel, „aber ich will es
holen: in der benachbarten Stadt wohnt ein Wechsler, der mein
guter Freund ist, der streckt mir gerne so viel vor.“ Als der Teufel
verschwunden war, zog der Soldat seinen linken Stiefel aus
und sprach „dem Kohlenbrenner wollen wir schon eine Nase drehen:
gebt mir nur euer Messer, Gevatter.“ Er schnitt von dem Stiefel
die Sohle ab und stellte ihn neben den Hügel in das hohe Gras
an den Rand einer halb überwachsenen Grube. „So ist alles gut“
sprach er, „nun kann der Schornsteinfeger kommen.“
Beide setzten sich und warteten, es dauerte nicht lange, so kam der Teufel und hatte ein Säckchen Gold in der Hand. „Schüttet
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1850). Göttingen 1850, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1850_II_518.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)