und die Leute sagten ihm seine Gemahlin feierte ihre Hochzeit
mit einem andern. Da ward er zornig und sprach „die Falsche,
sie hat mich betrogen und mich verlassen, als ich eingeschlafen war.“
Da hieng er seinen Mantel um und gieng unsichtbar ins Schloß
hinein. Als er in den Saal eintrat, war da eine große Tafel mit
köstlichen Speisen besetzt, und die Gäste aßen und tranken, lachten
und scherzten. Sie aber saß in der Mitte in prächtigen Kleidern
auf einem königlichen Sessel und hatte die Krone auf dem Haupt.
Er stellte sich hinter sie und niemand sah ihn. Wenn sie ihr ein
Stück Fleisch auf den Teller legten, nahm er ihn weg und aß es:
und wenn sie ihr ein Glas Wein einschenkten, nahm ers weg und
tranks aus; sie gaben ihr immer, und sie hatte doch immer nichts,
denn Teller und Glas verschwanden augenblicklich. Da ward sie
bestürzt und schämte sie sich, stand auf und gieng in ihre Kammer
und weinte, er aber gieng hinter ihr her. Da sprach sie „ist denn
der Teufel über mir, oder kam mein Erlöser nie?“ Da schlug er
ihr ins Angesicht und sagte „kam dein Erlöser nie? er ist über dir,
du Betrügerin. Habe ich das an dir verdient?“ Da machte er
sich sichtbar, gieng in den Saal und rief „die Hochzeit ist aus, der
wahre König ist gekommen!“ Die Könige, Fürsten und Räthe, die
da versammelt waren, höhnten und verlachten ihn: er aber gab kurze
Worte und sprach „wollt ihr hinaus oder nicht?“ Da wollten sie
ihn fangen und drangen auf ihn ein, aber er zog sein Schwert und
sprach „Köpf alle runter, nur meiner nicht.“ Da rollten alle Köpfe
zur Erde, und er war allein der Herr und war wieder König vom
goldenen Berge.
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1850). Göttingen 1850, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1850_II_046.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)