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Als sie hinausgieng, sprach sie, „die Creatur kann mehr als Brot essen, ich muß ihr schwerere Arbeit auflegen.“

Am andern Morgen rief sie das Mädchen, und sprach „da hast du einen Löffel, damit schöpfe mir den großen Teich aus, der bei dem Garten liegt. Und wenn du damit Abends nicht zu Rand gekommen bist, so weißt du was erfolgt.“ Das Mädchen nahm den Löffel, und sah daß er durchlöchert war, und wenn er es auch nicht gewesen wäre, es hätte nimmermehr damit den Teich ausgeschöpft. Es machte sich gleich an die Arbeit, kniete am Wasser, in das seine Thränen fielen, und schöpfte. Aber die gute Alte erschien wieder, und als sie die Ursache von seinem Kummer erfuhr, sprach sie „sei getrost, mein Kind, geh in das Gebüsch, und lege dich schlafen, ich will deine Arbeit schon thun.“ Als die Alte allein war, berührte sie nur den Teich: wie ein Dunst stieg das Wasser in die Höhe, und vermischte sich mit den Wolken. Allmählig ward der Teich leer, und als das Mädchen vor Sonnenuntergang erwachte, und herbeikam, so sah es nur noch die Fische, die in dem Schlamm zappelten. Es gieng zu der Stiefmutter, und zeigte ihr an daß die Arbeit vollbracht wäre. „Du hättest längst fertig sein sollen,“ sagte sie, und ward blaß vor Ärger, aber sie sann etwas Neues aus.

Am dritten Morgen sprach sie zu dem Mädchen „dort in der Ebene mußt du mir ein schönes Schloß bauen, und zum Abend muß es fertig sein.“ Das Mädchen erschrak, und sagte „wie kann ich ein so großes Werk vollbringen?“ „Ich dulde keinen Widerspruch,“ schrie die Stiefmutter, „kannst du mit einem durchlöcherten Löffel

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1843). Göttingen 1843, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1843_II_448.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)