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5.
Der Wolf und die sieben jungen Geislein.

Eine Geis hatte sieben junge Geislein, die sie mütterlich liebte, und sorgfältig vor dem Wolf hütete. Eines Tags, als sie ausgehen mußte, Futter zu holen, rief sie alle zusammen und sagte „liebe Kinder, ich muß ausgehen und Futter holen, seyd auf eurer Hut und laßt den Wolf nicht herein; er verstellt sich, aber an seiner rauhen Stimme und an seinen schwarzen Pfoten könnt ihr ihn erkennen: ist er erst einmal im Hause, so frißt er euch alle mit Haut und Haar.“ Nicht lange darauf, als sie weggegangen war, kam auch schon der Wolf vor die Hausthüre, und rief mit seiner rauhen Stimme „liebe Kinder, macht auf, ich bin eure Mutter, und hab euch schöne Sachen mitgebracht.“ Die sieben Geiserchen aber sprachen „unsere Mutter bist du nicht, die hat eine feine liebliche Stimme[1], deine Stimme aber ist rauh: du bist der Wolf, und wir machen dir nicht auf.“ Der Wolf aber besann sich auf eine List, gieng fort zu einem Krämer, und kaufte sich ein groß Stück Kreide, die aß er, und machte seine Stimme fein damit. Darnach gieng er wieder zu der sieben Geislein Hausthüre, und rief mit feiner Stimme „liebe Kinder, laßt mich ein, ich bin eure Mutter: jedes von euch soll etwas

  1. Vorlage: Simme
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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1840). Dieterich, Göttingen 1840, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1840_I_031.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)