Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1840 II 186.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nicht geben. „Wo der Apfel ist muß auch der Ring sein,“ sprach der Riese, „giebst du ihn nicht gutwillig, so mußt du mit mir darum kämpfen.“

Sie rangen lange Zeit mit einander, aber der Riese konnte dem Königssohn nichts anhaben, so stark war dieser durch die Zauberkraft des Ringes. Da erdachte der Riese eine List, und sprach zu ihm „es ist uns warm geworden bei dem Kampf, wir wollen uns erst im Flusse baden und kühlen, eh wir wieder anfangen.“ Der Königssohn, der von Falschheit nichts wußte, gieng mit ihm zu dem Wasser, zog seine Kleider ab, streifte auch den Ring vom Arm, legte ihn daneben, und sprang in den Fluß. Alsbald ergriff der Riese den Ring, und lief damit fort, aber der Löwe, der den Diebstahl bemerkt hatte, setzte dem Riesen nach, nahm ihm den Ring wieder ab, und brachte ihn seinem Herrn zurück. Da versteckte sich der Riese hinter einen Eichbaum, und als der Königssohn eben beschäftigt war seine Kleider wieder anzuziehen, überfiel er ihn, und stach ihm beide Augen aus.

Nun war der arme Königssohn blind, und stand da, und wußte sich nicht zu helfen. Da trat der Riese wieder herzu, und faßte den Blinden bei der Hand, wie jemand der ihn leiten wollte, und führte ihn auf die Spitze eines hohen Felsens. Dann verließ er ihn, und dachte „wenn er noch ein paar Schritte geht, so stürzt er sich todt, und ich kann ihm den Ring abnehmen.“ Aber der treue Löwe hatte seinen Herrn nicht verlassen, hielt ihn am Kleide fest, und zog ihn allmälig wieder zurück. Als der Riese zurück kam, und den Todten

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1840). Göttingen: Dieterich, 1840, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1840_II_186.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)