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Daheim aber stand der andere Bruder bei den Goldlilien, als plötzlich eine davon umfiel. „Ach Gott,“ sprach er, „meinem Bruder ist ein großes Unglück zugestoßen, ich muß fort, ob ich ihn vielleicht errette.“ Da sagte der Vater „bleib hier, wenn ich auch dich verliere, was soll ich anfangen?“ Er aber antwortete „ich soll und muß fort.“ Da setzte er sich auf sein goldenes Pferd, und ritt fort, und kam in den großen Wald, wo sein Bruder lag, und Stein war. Die alte Hexe kam aus ihrem Haus, rief ihn an, und wollte ihn auch berücken, aber er näherte sich nicht, sondern sprach „ich schieße dich nieder, wenn du meinem Bruder das Leben nicht wieder giebst.“ Da mußte sie, so ungerne sies auch that, den Stein wieder anrühren, und ihm sein menschliches Leben wieder geben. Die beiden Goldkinder aber freuten sich, als sie sich wiedersahen, küßten und herzten sich, und ritten zusammen fort aus dem Wald, der eine zu seiner Braut, der andere heim zu seinem Vater. Da sprach der Vater „ich wußte wohl, daß du deinen Bruder erlöst hattest, denn die goldene Lilie ist auf einmal wieder aufgestanden, und hat fortgeblüht.“ Nun lebten sie vergnügt, und es gieng ihnen wohl bis an ihr Ende.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1837). Göttingen: Dieterich, 1837, Seite 512. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1837_V1_512.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)