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und sprach „das verwahre mir sorgfältig, und trag es lieber beständig bei dir, denn gienge es verloren, so würde ein großes Unglück daraus entstehen.“ Sie nahm die Schlüssel und das Ei, und versprach alles wohl auszurichten. Als er aber fort war, konnte sie der Neugierde nicht widerstehen, und nachdem sie das ganze Haus gesehen hatte, gieng sie auch zu der verbotenen Thüre, und öffnete sie. Wie erschrack sie aber, als sie hineintrat: da stand in der Mitte ein großes blutiges Becken, und darin lagen todte zerhauene Menschen. Sie erschrack so sehr, daß das Ei, das sie in der Hand hielt, hineinplumpte. Zwar holte sie es geschwind wieder heraus, und wischte das Blut ab, aber es half nichts, denn es kam den Augenblick wieder zum Vorschein; sie wischte und schabte, aber sie konnte es nicht herunter kriegen. Nicht lange, so kam der Mann von der Reise zurück, und das erste war, daß er Schlüssel und Ei zurückforderte. Sie reichte es ihm mit Zittern hin, er betrachtete beides genau, und sah wohl daß sie in der Blutkammer gewesen war. Da sprach er „bist du gegen meinen Willen in der Kammer gewesen, so sollst du nun gegen deinen Willen wieder hinein. Dein Leben ist zu Ende.“ Darauf ergriff er sie, führte sie hinein, zerhackte sie, daß ihr rothes Blut auf der Erde floß, und warf sie zu den übrigen ins Becken.

„Jetzt will ich mir die zweite holen“ sprach der Hexenmeister, gieng wieder in Gestalt eines armen Mannes vor das Haus, und bettelte. Da brachte ihm die zweite ein Stück Brot, und er fieng sie wie die erste durch ein bloßes Anrühren, trug

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1837). Göttingen: Dieterich, 1837, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1837_V1_271.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)