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der viel hundert Schafe über einen breiten Fluß setzen will, in einem kleinen Nachen, worin jedesmal nur ein einziges Platz hat. Dieses hat bekanntlich in dem Don Quixote I. cap. 20 Cervantes vortrefflich angebracht, und Avellaneda in seiner Fortsetzung cap. 21. es durch ein ähnliches von Gänsen, die über eine schmale Brücke gehen überbieten wollen. An sich ist es viel älter, die novelle antiche n. XXX. erzählen es schon und noch früher das altfranzös. cartoiment (fabliaux ed. Meon. 11, 89-91.) – eine ähnliche Idee liegt dem Redner Demades[1] Aesops zu Grund (Furia 54. Coray 178.)


Einiges aus dem Kinderglauben.


1) Wenn ein Brüderchen oder Schwesterchen geboren wird, und die Kinder fragen, woher es gekommen sey? so sagt man ihnen: aus dem Brunnen, da hole man sie heraus. Gewöhnlich ist aber an dem Ort ein gewisser Brunnen, auf den man verweist, und wenn sie hineingukken, sehen sie ihre eignen Köpfe unten im Wasser und glauben desto mehr daran.

Oder man sagt: ein Engel bringe sie, und der habe zugleich das Zuckerwerk mitgebracht, das ihnen bei der Kindtaufe oder vorher gegeben wird; gewöhnlich sind es bunte Zuckererbsen Oder: der Storch fische die Kinder im Wasser und bringe sie in seinem rothen Schnabel getragen, darum wird er angesungen:

Klapperstorch, Langbein,
bring meiner Mutter ein Kind heim,
leg es in Garten,
will es fein warten,
legs auf die Stiegen!
will es fein wiegen.

Oder auch niederdeutsch:

Ebeer, Langbeen
wenneer wult dn to Lande teen etc.

Der Name des Storchs Adebar, bedeutet vermuthlich Kindträger, von baren, tragen und andere erklären Oudevar durch: alter Vater. Unter


  1. Vorlage: demadischen Redner (Druckfehler. Siehe S. 363)
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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite LVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_445.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)