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der Bär den Weg, und brummte noch hintendrein: „in sieben Tagen komm ich und hol meine Braut.“

Der König aber ging getrost nach Haus und dachte, der Bär wird doch nicht durch ein Schlüsselloch kriechen können, und weiter soll gewiß nichts offen bleiben. Da ließ er alle Thore verschließen, die Zugbrücken aufziehen, und hieß seine Tochter gutes Muths seyn, damit sie aber recht sicher vor dem Bärenbräutigam war, gab er ihr ein Kämmerlein hoch unter der Zinne, darin sollte sie versteckt bleiben, bis die sieben Tage herum wären. Am siebenten Morgen aber ganz früh, wie noch alles schlief, kam ein prächtiger Wagen mit sechs Pferden bespannt und von vielen goldgekleideten Reutern umringt nach dem Schloß gefahren, und wie er davor war, ließen sich die Zugbrücken von selber herab und die Schlösser sprangen ohne Schlüssel auf. Da fuhr der Wagen in den Hof und ein junger schöner Prinz stieg heraus, und wie der König von dem Lärm aufwachte und zum Fenster hinaus sah, sah er, wie der Prinz schon seine älteste Tochter oben aus dem verschlossenen Kämmerlein geholt und eben in den Wagen hob, und er konnte ihr nur noch nachrufen:

„Ade! du Fräulein traut,
Fahr hin, du Bärenbraut!“

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_366.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)