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Liebe, was[1] es ihr nur an den Augen absehen konnte. Sie aßen zusammen, und sie mußte ihm aufschöpfen, sonst wollte es nicht essen, da ward sie dem Thier hold, und endlich hatte sie es recht lieb. Einmal sagte sie zu ihm: „mir ist so Angst, ich weiß nicht recht warum, aber mir ist, als wär mein Vater krank, oder eine von meinen Schwestern, könnte ich sie nur ein einzigesmal sehen!“ Da führte sie das Thier zu einem Spiegel und sagte: „da schau hinein,“ und wie sie hineinschaute, war es recht als wäre sie zu Haus; sie sah ihre Stube und ihren Vater, der war wirklich krank, aus Herzeleid, weil er sich Schuld gab, daß sein liebstes Kind von einem wilden Thier geraubt und gar von ihm aufgefressen sey, hätt’ er gewußt, wie gut es ihm ging, so hätte er sich nicht betrübt; auch ihre zwei Schwestern sah sie am Bett sitzen, die weinten. Von dem allen war ihr Herz ganz schwer, und sie bat das Thier, es sollte sie nur ein paar Tage wieder heim gehen lassen. Das Thier wollte lange nicht, endlich aber, wie sie so jammerte, hatte es Mitleiden mit ihr und sagte: „geh hin zu deinem Vater, aber versprich mir, daß du in acht Tagen wieder da seyn willst.“ Sie versprach es ihm, und als sie fort ging, rief es noch: „bleib aber ja nicht länger als acht Tage aus.“

Wie sie heim kam, freute sich ihr Vater,


  1. Vorlage: mas (Druckfehler. Siehe S. 363)
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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_326.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)