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Abend wurde, da kam sie zu des Königs Garten. In der Gartenhecke war eine Lücke, durch die ging sie hinein, fand einen Obstbaum, den schüttelte sie mit ihrem Leib, und wie die Aepfel zur Erde fielen, bückte sie sich nieder und hob sie mit ihren Zähnen auf und aß sie. Zwei Tage lebte sie so, am dritten aber kamen die Wächter des Gartens, die sahen sie, nahmen sie gefangen und warfen sie ins Gefangenhaus, des andern Morgens wurde sie vor den König geführt, und sollte Landes verwiesen werden. Ei, sprach der Königssohn, sie kann ja lieber die Hüner auf dem Hof hüten!

So blieb sie eine Zeitlang da und hütete die Hüner, der Königssohn aber sah sie oft und gewann sie von Herzen lieb; mittlerweile kam nun die Zeit, daß er sich vermählen sollte. Da wurde ausgeschickt in alle weite Welt, um ihm eine schöne Gemahlin auszusuchen. „Ihr braucht nicht weit zu suchen und zu senden, sprach er, ich weiß mir eine ganz in der Nähe.“ Der alte König besann sich hin und her und es war ihm keine Jungfrau im Land bekannt, die schön und reich wäre: „du wirst doch nicht etwa gar die da wollen heirathen, die die Hüner im Hofe hütet?“ Der Sohn aber erklärte, er würde nimmermehr eine andere nehmen, da mußte es endlich der König zugeben, und bald darauf starb er; der Königssohn

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_135.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)