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wurde ihr auch zugesagt, und also schied der liebe Gott von ihr.

Wie nun die Stiefmutter mit ihrer Tochter nach Hause kam und sah, daß sie beide kohlschwarz und häßlich waren, die Stieftochter aber weiß und schön, ward sie ihr im Herzen noch böser und hatte nur im Sinn, wie sie ihr ein Leid anthun könnte. Die Stieftochter aber hatte einen Bruder, Namens Reginer, den liebte sie sehr und erzählte ihm alles, was geschehen war. Der Bruder mahlte sich nun seine Schwester ab und hing das Bild in seiner Stube auf, in des Königs Schloß, bei dem er Kutscher war, und alle Tage ging er davor stehen und dankte Gott für das Glück seiner lieben Schwester. Nun war aber gerade dem König, bei dem er diente, seine Gemahlin verstorben, welche so schön gewesen war, daß man keine finden konnte, die ihr gliche, und der König war darüber in tiefer Trauer. Die Hofdiener sahen es indessen dem Kutscher ab, wie er täglich vor dem schönen Bilde stand, misgönntens ihm und meldeten es dem König. Da ließ dieser das Bild vor sich bringen, und sah, daß es in allem seiner verstorbenen Frau glich, nur noch schöner war, so daß er sich sterblich hinein verliebte, und den Kutscher fragte, wen das Bild vorstellte? Als der Kutscher gesagt hatte, daß es seine Schwester wäre, entschloß sich der König, keine andere, als diese, zur Gemahlin zu nehmen,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1815). Berlin 1815, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_II_254.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)