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gegeben hast du mir’s, weil ich dir aufgespielt habe,“ aber der Richter machte das Ding kurz und verurtheilte meinen Knecht zum Tod am Galgen. Schon stand er auf der Leitersprosse, den Strick am Hals, da sprach er: Herr Richter, gewahrt mir eine letzte Bitte! „wofern du nicht dein Leben bittest, soll sie gewährt seyn.“ „Nein, um mein Leben ist’s nicht, laßt mich noch eins auf meiner Geige geigen zu guter Letzt.“ Da schrie der Jud’: „bewahre Gott! erlaubt’s ihm nicht! erlaubt’s ihm nicht!“ allein das Gericht sagte: einmal ist es ihm zugestanden und dabei soll’s bewenden, auch durften sie’s ihm nicht weigern, weil er die Gabe hatte, daß ihm keiner die Bitte abschlug. Da schrie der Jud’: „bindet mich fest, um Gotteswillen!“ mein Knecht aber faßte seine Fiedel und that einen Strich, da wankte alles und bewegte sich, Richter, Schreiber, und Schergen und den Jud’ konnte keiner binden, und er that den zweiten Strich, da ließ ihn der Henker los und tanzte selber, und wie er nun ordentlich in’s Geigen kam, tanzte alles zusammen, Gericht und der Jude vornen und alle Leute auf dem Markt die da wollten zuschauen. Und anfangs ging’s lustig, weil aber das Geigen und Tanzen kein Ende nahm, so schrien sie jämmerlich und baten ihn, abzulassen, aber er that’s nicht eher, bis ihm der Richter das Leben nicht nur schenkte, sondern auch versprach die hundert Gulden zu lassen. Und erst noch rief

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1815). Berlin 1815, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_II_137.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)