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„Schade,“ meinte Doralice, „es war so schön. Ich fing schon an zu fühlen, daß ich ganz so wurde wie das Mädchen da. Gerade als du zu sprechen anfingst, wollte ich stehen bleiben, den Mund weit aufmachen und auf das Meer hinausgähnen, ho ho ho, ganz wie das Mädchen vorhin. Denken, man denkt ja überhaupt nicht, wenn man so geht, und daher versteht man sich.“

Nein, nein, Hans wollte das nicht. „Tun wir etwas,“ schlug er vor, „da ist der Mond. Soll ich dich wieder nehmen und über die Wellen halten oder sollen wir aufs Meer hinausfahren, oder sollen wir heute nacht Wardein auf den Fischfang begleiten? Tun, tun, siehst du, das fehlt uns.“

Aber Doralice hatte heute zu nichts Lust und so schlugen sie den Heimweg ein.

Als sie zu Hause in ihr Wohnzimmer traten, fanden sie, daß Agnes die Lampe nicht angezündet hatte. Das Zimmer war voller Mondschein und ein starker, sehr süßer Duft schlug ihnen entgegen. Auf dem hellbeschienenen Fußboden aber lag es wie eine dunkelrote Lache. „Sieh doch, Rosen, lauter Rosen,“ rief Doralice. Sie kniete vor den Rosen nieder, beugte sich ganz auf sie hinab, griff nach ihnen, hatte beide Arme voll von ihnen, drücket ihr Gesicht in sie hinein, als wollte sie sich in

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/89&oldid=- (Version vom 1.8.2018)