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zuletzt die Generalin erhitzt und ganz außer Atem. Lolo ging dem Zuge ein wenig zögernd entgegen. „Da bist du endlich,“ rief Frau von Buttlär, „du bringst mich noch um mit deinen Geschichten.“ Lolo ließ sich schweigend in das Badetuch hüllen, man sah ihrem eigensinnigen Gesichte sofort an, daß sie nichts zu ihrer Entschuldigung anführen wollte. Während sie jetzt alle wieder zum Badehause zogen, ging Frau von Buttlär hinter ihrer Tochter her und schalt unausgesetzt: „So etwas kann nur dir passieren, gerade dieser Person in die Arme zu laufen und geküßt hat sie dich. Wie kommt sie darauf, die freche Person? Und du läßt das geschehen. Von wem wirst du dich nicht noch alles küssen lassen.“

Da wandte Lolo ein wenig den Kopf und sagte entschlossen und eigensinnig: „Sie hat mich geküßt, weil ich ihr die Hand geküßt habe.“

„Du hast ihr die Hand geküßt,“ rief Frau von Buttlär, „hat man so etwas gehört und warum? ich bitte dich. Diese Person, sie ist ja halbnackt, keine Ärmel und die Dekolletage! aber du hast keinen Stolz, du bist verlobt, du sollst eine ehrliche Frau werden; wir ehrliche Frauen müssen doch Front machen gegen diese Damen und du küßt ihnen die Hände. Dein Bräutigam wird sich

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/71&oldid=- (Version vom 1.8.2018)