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zu trösten und auch nicht gewohnt so starkes Mitleid zu empfinden „übrigens“ fuhr er fort: „von denen, die uns nahe stehen, wollen wir doch nichts Neues erfahren, sie sollen sich immer wieder so bestätigen, wie wir sie kennen. Wir wollen nichts bei ihnen entdecken, was wir nicht schon wissen.“

„Ich wollte wissen, ob er mich noch so liebt wie früher“, sagte Doralice einfach. Darauf fand der Geheimrat keine Antwort. Er bog den Kopf zurück und schloß die Augen, das schöne, tränenüberströmte Gesicht ihm gegenüber ergriff ihn zu stark.

Von der Küche her klang Klaus’ laute, predigende Stimme herüber, er las Agnes aus der Bibel vor.

Am vierten Tage nach der Sturmnacht kam die Nachricht, bei dem Fischerdorf hinter dem Leuchtturm sei ein Boot an das Ufer gespült worden. Die Steegin zog ihr Sonntagskleid an und fuhr mit dem Strandwächter hin. Spät am Nachmittag kehrte sie zurück und berichtete, es sei ihr Boot gewesen, übel zugerichtet, sie habe es dort gleich an einen Fischer verkauft. Sie wischte sich mit dem Zeigefinger die Tränen aus den Augenwinkeln, war aber ruhig und sachlich. Da

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/244&oldid=- (Version vom 1.8.2018)