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dieser langen Schweigen, das jetzt häufig zwischen ihnen herrschte. Sie hatte nicht gewußt, daß zwei Menschen so viel miteinander schweigen könnten, wie Hans und sie es taten. Plötzlich warf Hans seinen Pinsel fort und meinte, diese Erscheinung müsse er näher beobachten, er wolle auf das Meer hinausfahren. Dann lief er zum Meere hinab. Doralice blieb ruhig liegen, bei diesem Winde nahm er sie ja doch nicht mit. Das war also das stille Nebeneinanderhergehen. Anfangs war es Doralice wie Friede und Sicherheit erschienen. Sie war ja ganz verlassen inmitten einer feindlichen, unheimlichen Welt, nun aber wurde es zu einer sehr erregenden Sache. Wenn Hans da schweigend vor seiner Staffelei stand, dann wußte Doralice doch, daß er innerlich mit ihr sprach, daß er ihr Vorwürfe machte, daß seine stolze und verwundete Liebe sich mit der ganzen heißen Beredsamkeit über sie ergoß, die Hans eigen war. Sie war dessen so gewiß, als sähe sie, wie einer zu ihr sprach, nur daß er noch zu fern war, daß sie ihn hörte. Sie sprach ja auch beständig in Gedanken zu Hans, rechtfertigte sich, beschuldigte ihn, demütigte sich. Einmal jedoch mußte der Augenblick kommen, daß sie beide zu voll von dem, das sie einander zu sagen hatten, waren,

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/216&oldid=- (Version vom 1.8.2018)