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Dreizehntes Kapitel

Als Doralice erwachte, hörte sie, daß im Nebenzimmer gesprochen wurde. Hans mußte von seiner Nachtfahrt zurück sein und Agnes erzählte ihm etwas flüsternd, so daß es wie ein fortgesetztes Zischen klang. Nur selten warf Hansens tiefe Stimme Worte mit hinein. Das dauerte ziemlich lange, plötzlich brach das Gespräch ab, eine Tür ging und es wurde ganz still. Draußen war es sonnig und ein Wind schien zu gehen, denn die Netze, welche vor Doralicens Fenster zum Trocknen aufgehängt waren, wiegten sich hin und her. Auf dem Zaun saßen zwei Kinder, trommelten mit den nackten Füßchen an die Bretter und sangen mit den schrillen Stimmen in den Wind hinein: „Henne, Henne, helle, helle, ho, ho!“ Doralice drückte sich fest in ihre Kissen. In ihren Gedanken begann die peinvolle Arbeit, den vergangenen Tag an den beginnenden zu knüpfen. Die Ereignisse der Nacht kamen, sie meldeten sich wie Gläubiger, die ihre Rechnung präsentieren. Vor allem aber meldete sich jene unheimliche, gespenstische Doralice, von der die Leute wie von

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/205&oldid=- (Version vom 1.8.2018)